Donnerstag, 17. April 2014
Panoptikum Österreich
Österreich, böse Zungen wissen es schon immer, nimmt sich zuweilen wie ein Panoptikum, wie eine Zusammenstellung von Schrulligkeiten und Abstrusitäten, aus. Da muss das staunende Publikum etwa zur Kenntnis nehmen, dass hierzulande für Schulbusfahrerinnen und -fahrer kein Alkoholverbot am Steuer gilt. Die Verkehrsministerin fühlte sich erst jüngst bemüßigt, anzukündigen, das jetzt doch einzuführen. Künftig soll auch dort ein Alkohol-Limit von 0,1 Promille gelten wie bei "echten" Bus-und Berufskraftfahrern, richtete sie via Medien aus. Genau das hätten wohl schon jetzt 100 von 100 Österreicherinnen und Österreichern angenommen.
Aufschlussreich, was Merkwürdigkeiten im Panoptikum Österreich anlangt, sind immer wieder auch die Berichte des Rechnungshofes. Obwohl seit gefühlten hundert Jahren in Österreich über die Beseitigung von Privilegien aller Art und insbesondere von Pensionsprivilegien geredet wird, hält sich der Fortschritt bei der Umsetzung dieser Vorhaben in überschaubaren Grenzen. In der Nationalbank etwa liegen, hieß es dieser Tage in den Gazetten, die Durchschnittspensionen immer noch höher als die Aktivgehälter, die mit 86.300 Euro jährlich einen Durchschnittsverdiener ohnehin vor Neid erblassen lassen.
Im österreichischen Panoptikum einen festen Platz hat inzwischen natürlich auch die Hypo Alpe Adria und all die Vorgänge rundherum, die die Bank in die Pleite und den Staat Österreich in eine veritable finanzielle Krise brachten.
Diese Liste kann wohl jeder Österreich schier nach Belieben weiterführen. In ganz, ganz vielen Winkeln der Gesellschaft und des Landes nisten immer noch eine Vielzahl zumeist teurer Privilegien und Sonderrechte, die von zuweilen durchtriebenen, zuweilen listigen und zuweilen sehr machtbewussten Zeitgenossen durch die Zeiten gerettet werden. Zuweilen nehmen sich die Bemühungen und Tricksereien wie ein Räuber und Gendarm-Spiel aus. Wer seine Vorteile am besten versteckt und verschleiert, ist in diesem Spiel der Sieger und kann sich am längsten seiner privilegierten Regelungen erfreuen.
Und dass die Liste lang und Österreichs Panoptikum groß ist, hat auch damit zu tun, dass Änderungen oft nur sehr schwer durchzusetzen sind. Die Nationalbank etwa tut sich schwer, in bestehende Regelungen einzugreifen. Da etwas anzutasten und zu ändern ist in einem Rechtsstaat wie Österreich schier unmöglich. Ausgerechnet die Rechtssicherheit, die in der Regel nicht hoch genug einzuschätzen ist, erweist sich in Situationen wie diesen als Bumerang.
Das gilt etwa auch für die Bemühungen der Post, Personal und Kosten abzubauen. Weil viele der Bediensteten Beamtenstatus haben und als solche nicht gekündigt werden können, bleibt nichts anderes, als sie in Frühpension zu schicken, um Geld zu sparen. Die Folgen sind eine fatale Optik und eine schlechte Nachrede, müssen sich doch die Postler vorhalten lassen, mit knapp 54 Jahren in Pension zu gehen, während andere Bundesbedienstete Nämliches erst im Schnitt mit 60 Jahren tun. Was freilich hinwiederum auch noch ein gutes Stück unter den 60 Jahren für Frauen und 65 Jahren für Männern liegt, die in Österreich eigentlich als Pensionsantrittsalter gelten und mithin auch als Ausstellungsstück im Panoptikum steht.
Beispiele wie die zitierten haben Österreich längst in einen Teufelskreis gebracht, aus dem zu entrinnen immer schwieriger wird. Den großen Schnitt zu machen, wie immer wieder gerne und mitunter dröhnend gefordert wird, ist alles andere als einfach. Und was dazu kommt - es wagt niemand ihn zu wagen, weiß er doch, dass das seinem politischen Todesurteil gleichkommen würde. Darum nimmt nicht wunder, dass es von keiner Seite und aus allen politischen und gesellschaftlichen Lagern nicht an Lippenbekenntnissen fehlt, die an Treuherzigkeit und mitunter triefender Sorge kaum zu überbieten sind, denen aber jede Ernsthaftigkeit fern ist.
Schließlich haben doch alle aus ihrer ganz spezifischen Sicht, aus welchen Gründen auch immer, Angst davor, benachteiligt zu werden und zu den Draufzahlern zu zählen, die auf Kosten anderer auf etwas verzichten müssen - eine Konstellation, die garantiert, dass das Panoptikum Österreich wohl auch in Hinkunft reichlich bestückt sein wird.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 17. April 2014
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen