Die Agrarreform steht. Alle Verantwortlichen machen auf Friede, Freude, Eierkuchen. Dabei hat kaum einer einen Grund dafür. Nie hat es so viele Verlierer gegeben. Und kaum jemals zuvor hat es im Gebälk der heimischen Agrarpolitik so geknirscht, kaum je ist man sich zuweilen so offen nachgerade feindselig gegenübergetreten wie in den vergangenen Monaten. Ost gegen West, Berg gegen Tal, groß gegen klein und bio gegen konventionell. Es gab keine Front, an der nicht gekämpft wurde. Und das durchaus oft sehr untergriffig.
Zuweilen machte die Diskussion Erschrecken. Wie manche ohne mit der Wimper zu zucken forderten, über andere drüber zu fahren, ließ staunen. Dass etwa bei der Umstellung von den so genannten "historischen Förderungen" auf die Regionalförderung viele Bauern 20, 30 und mehr Prozent an Geldern verlieren, nahm man ohne Rührung hin. Dabei steht man sonst nicht an, jedes Prozent, das wo wegkommt, zum Weltuntergang zu erklären. "Das geschieht nur zu recht" wollten die Lautesten Blut sehen. Dass es dabei um Existenzen geht, schien ihnen egal, dass die nunmehr als "historisch" geltenden Förderungen nicht auf Gaunereien basierten, wie sie zuweilen glauben machen wollten, sondern auf sehr detaillierten Berechnungen, schien ihnen einerlei.
Aber nicht nur der immer rauer werdende Umgang der bäuerlichen Gruppierungen miteinander macht Staunen. Staunen macht auch, was im Zuge der Ausverhandlung der Agrarreform alles bekannt wurde. Dazu zählt etwa, dass viele Bauern in Tälern Westösterreichs in den Genuss der Bergbauernförderung kamen, obwohl sie als Talbauern mit den Bergen nur vom Hinschauen zu tun hatten. Verwunderlich sind auch die Zustände und Prämien-Optimierungskünste, die rund um die Almenmisere bekannt wurden. "Die Almen wurden ja nie vermessen", gab etwa ein Tiroler Bauer in einer öffentlichen Diskussion unumwunden zu. Der gute Mann hat immer das verschlossene Kuvert mit dem AMA-Antrag zu seiner Kammer getragen. "Ich haben denen gesagt, wieviel Vieh ich aufgetrieben habe und die haben dann die Fläche hingeschrieben". Und was die Biobauern bisher alles durften und was ihnen die neue EU-Bioverordnung nun verbieten will, lässt einen auch den Kopf schütteln.
Auch wenn sich die heimische Bauernschaft in den vergangenen Monaten ziemlich zerzaust hat, wer wirklich draufzahlt und wer wirklich gewinnt, steht noch nicht fest. "Wir müssen sparen", sagt der neue Landwirtschaftsminister. Und er hat es allem Anschein nach so hingekriegt, dass es keine allzu großen Ungleichgewichte gibt. Der Preis dafür ist freilich, dass für die österreichische Landwirtschaft keine Richtung erkennbar ist, in die es in Zukunft gehen soll. Aber vielleicht ist das das Gute. Es wäre zumindest eine Voraussetzung dafür, dass die Bauern wieder zusammenhalten. Denn genau das war es, was ihnen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten Stärke verliehen hat.
Gmeiner meint - Blick ins Land, 4. April 2014
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