Österreichs Paradewissenschafter, der Genetiker Josef
Penninger, wurde heuer mit dem Wittgensteinpreis ausgezeichnet, dem höchsten
Wissenschaftspreis Österreichs, dotiert mit 1,5 Millionen Euro. Die müssen in
die Forschung fließen, nach freier Wahl des Ausgezeichneten. Dazu gab es für acht Nachwuchsforscher
Start-Preise, die mit jeweils bis zu 1,2 Millionen Euro dotiert sind.
Da staunt man ob
der Summen, und man freut sich. Österreichs Wissenschaftsförderung hat auch
etwas Herzeigbares. Hochqualifizierte Wissenschafter und Preise mit einer Dotierung,
für die man sich international nicht zu verstecken braucht. Die breite
Öffentlichkeit hört selten davon. Wunder nimmt das nicht. Wissenschaft, hat in
Österreich längst nicht mehr jene Stellung die sie noch Ende des 19., Anfang
des 20. Jahrhunderts gehabt hat, als die Welt noch nach Wien schaute, um Neues
und Bahnbrechendes zu erfahren.
Davon ist kaum
mehr etwas übrig. Im breiten Publikum hat die Wissenschaft keinen hohen
Stellenwert mehr, schon gar keinen herausragenden. Und schon gar, wenn es dabei
auch noch um Grundlagenforschung geht. Man kann wenig mit dem anfangen, was die
Forscher an den Universtäten, in ihren Instituten oder in den Unternehmen tun.
Es wird als entrückt und weltfremd empfunden, als teuer und verbohrt zuweilen.
Herr und Frau Österreicher fragen das schnell "Brauchma dös?"
Längst hat diese
Haltung in der Politik ihren Niederschlag gefunden. Wissenschaft und die
Grundlagen dafür, die Bildung, werden ausgedünnt und in politischen
Grabenkämpfen zerrieben. Die Zahlen, die die Industriellenvereinigung
zusammentrug, sprechen für sich. Und sie sind alarmierend. Anstatt sich dem
Ziel, die Forschungsquote von drei Prozent des BIP im Rahmen des
EU-Strategieprozesses Europa 2020 , dem man sich verschrieben hat, anzunäheren,
entfernt man sich davon. "Seit dieser Zielsetzung hat Österreich zunehmend
an Forschungsdynamik verloren und ist im europäischen Vergleich immer weiter
zurückgefallen", lautet das vernichtende Urteil der Industrie.
Dabei gäbe es durchaus lobenswerte Ansätze. In Bereichen wie
Technik, Physik oder in den Lebens- und Umweltwissenschaften wird international
geachtete Spitzenforschung betrieben. An den Unis hat sich das Niveau der
Grundlagenforschung stark erhöht. Wissenschafter kommen gerne nach Österreich
um hier zu arbeiten. Die Lebensqualität ist verlockend, die Bedingungen passen
in manchen Segmenten durchaus.
Freilich ist das viel zu selten der Fall. Die Bedingungen,
unter denen hierzulande wissenschaftlich gearbeitet wird, sind nicht selten nur
erbärmlich zu nennen. Es fehlt an der nötigen Ausstattung, am Geld und am
nötigen Umfeld. Denn dort hat viel zu oft, wie in so vielen Bereichen in
Österreich, die Politik die Hand im Spiel. Und es fehlt natürlich auch an einem
entsprechenden leistungsfördernden und beflügelnden Klima in Österreich, wo der
Durchschnitt und die Ruhe das Maß aller Dinge sind.
Die reine Wissenschaft, man weiß es, hat da einen schweren
Stand. Das freilich auch, weil dem hiesigen wissenschaftlichen Personal bis
hinauf zur Professorenschaft nicht viel von dem eigen ist, was man Kampfgeist
und Drang zur Selbstständigkeit nennt. Man versteckt sich allemal lieber im
Elfenbeinturm, um das Leben unter seinesgleichen zu verbringen, als sich mit
der Realität draußen und den dortigen Verhältnissen auseinander zu setzen. Viel
zu selten geht man in die Öffentlichkeit, um mitzureden und Inputs zu geben.
Das erspart man sich gerne. Aus Bequemlichkeit oder aus Angst vor Repressionen.
Dabei schreien viele Themen und Probleme regelrecht nach
wissenschaftlicher Begleitung. Doch die gibt es nur selten. Schon gar die
unabhängige Begleitung, lassen sich doch viele, die in der Wissenschaft
arbeiten, aus welchen Gründen immer, zu schnell und zu gerne vor Karren von
poltischen Parteien, von Unternehmungen, von NGO oder von anderen Einrichtungen
spannen.
Es ist daher ein verstärktes öffentliches und unabhängiges
Engagement einzufordern. Die ein, zwei Verfassungsrechtler, ein, zwei
Politikwissenschafter, oder die ein, zwei Volkswirtschaftler, die immer und
überall zu sehen, zu hören und zu lesen sind, sind zu wenig. Und auch ein Josef
Penninger oder ein Anton Zeilinger.
Das ist schade. Und das ist auch in gewissem Maß
unverantwortlich. Die Umstände dürfen angesichts der Verantwortung keine
Ausrede sein, nichts zu sagen und keine Stellung zu beziehen.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 26. Juni 2014
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