Die Hersteller von chemischen
Pflanzenschutzmitteln fühlen sich in Europa nicht mehr sonderlich erwünscht.
Hans GmeinerSalzburg, Wien.Die in Europa wachsende Stimmung gegen chemischen Pflanzenschutz macht den Herstellern Sorgen. „Das bringt sowohl uns Erzeuger als auch die Landwirtschaft unter Druck“, sagt Christian Stockmar, Österreich-Chef des Schweizer Konzerns Syngenta und Sprecher der heimischen Pflanzenschutzmittelbranche. Die EU drifte in eine Richtung, die sie stärker von Importen abhängig mache, klagt Stockmar über ein innovationsfeindliches Klima in der EU.
Hans GmeinerSalzburg, Wien.Die in Europa wachsende Stimmung gegen chemischen Pflanzenschutz macht den Herstellern Sorgen. „Das bringt sowohl uns Erzeuger als auch die Landwirtschaft unter Druck“, sagt Christian Stockmar, Österreich-Chef des Schweizer Konzerns Syngenta und Sprecher der heimischen Pflanzenschutzmittelbranche. Die EU drifte in eine Richtung, die sie stärker von Importen abhängig mache, klagt Stockmar über ein innovationsfeindliches Klima in der EU.
Die Entwicklung sei auch moralisch bedenklich. „Es ist unverantwortlich, die ausgezeichneten landwirtschaftlichen Voraussetzungen Europas durch Einschränkungen beim Pflanzenschutz nicht zu nutzen und stattdessen auf anderen Kontinenten mit hier verpönten Methoden produzieren zu lassen.“ Das schade auch dem Wirtschaftsstandort Europa. In den vergangenen 20 Jahren seien die Forschungsausgaben der europäischen Pflanzenschutzmittelhersteller von mehr als 30 auf nur noch sieben Prozent des Umsatzes gesunken. „Früher sind die Großen wie Syngenta, Bayer und BASF am Rhein in der Schweiz und in Deutschland gesessen“, sagt Stockmar. „Jetzt werden wir aus Europa rausgedrängt, während sich die Amerikaner und Asiaten, die Dow Chemicals oder Sumitomo, die Hände reiben.“
Es geht um viel Geld. Auf 38,5 Mrd. Euro wird der Weltmarkt für Pflanzenschutzmittel geschätzt. In Europa setzen die Hersteller rund 7,5 Mrd. Euro um. In Österreich liegt der Umsatz der Branche, die 475 Mitarbeiter beschäftigt, seit Jahren bei 130 Mill. Euro. Etwas mehr als 90 Prozent davon entfallen auf das Geschäft mit der Landwirtschaft, der Rest auf private Nutzer. Von den 16 Unternehmen, die sich in der Interessengruppe Pflanzenschutz zusammengeschlossen haben, produzieren nur mehr zwei (Kwizda und Nufarm) auch in Österreich.
Die Angriffe auf die Branche hält Stockmar für nicht gerechtfertigt. „Der chemische Pflanzenschutz stellt den Ertrag und gesundes Erntegut sicher“, sagt er. „Ohne Pflanzenschutz kann der Bedarf an Nahrungsmitteln nicht gedeckt werden.“ Pflanzenschutzmittel und die dabei eingesetzten Substanzen seien besser und vielseitiger geprüft als Medikamente. „Ich fühle mich bei chemisch-synthetischen Produkten, wie es auch Pflanzenschutzmittel sind, am sichersten, weil sie rauf und runter geprüft sind. Bei einem Brennnesselextrakt weiß ich nicht, was drinnen ist.“
Der Aufwand für die Entwicklung von Pflanzenschutzmitteln ist hoch. Rund 200 Mill. Euro müssen laut Stockmar von der Suche nach einer geeigneten Substanz über die vorgeschriebene zehnjährige Testphase bis zum Ansuchen um Zulassung eines neuen Wirkstoffes aufgewendet werden.
In der EU gibt es dennoch Bestrebungen, die Schrauben für Hersteller von Pflanzenschutzmitteln weiter anzuziehen. So steht eine Leitlinie zur Risikobewertung der Wirkung auf Bienen in Diskussion, die für jedes Mittel über Jahre eine Testfläche von fast 450 Quadratkilometern verlangen würde. Für Unmut sorgt auch eine geplante Neuregelung der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. „Wenn das kommt, was geplant ist, fallen 75 Prozent der Mittel gegen Krankheiten bei Getreide, Kartoffeln und Wein und ein guter Teil der Unkrautbekämpfungsmittel bei Kartoffeln weg.“
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 30. Mai 2014
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