Die hiesige Bevölkerung mag die Landwirtschaft und die Gewerbebetriebe, die deren Produkte verarbeiten. Zumindest dann, wenn sie so sind, wie man meint, dass sie eigentlich sein sollten. Klein, keine großen Maschinen, statt dessen kernige Bauersleute beim Heumachen mit Sense und Rechen auf der Wiese. Ein paar Schweinderl und Kühe im alten Stall, der Metzger freundlich und der Bäckermeister immerfroh.
So wie in der Werbung halt. So ein bisserl wie früher.
Dass das mit den Anforderungen der heutigen Märkte nichts zu
tun hat, und meist auch nichts mit den Anforderungen an Hygiene, die heute
gestellt werden, zumal vor allem von jenen, die einem solchen
Landwirtschaftbild anhängen, tut da nichts zu Sache. Und auch nicht, dass man
selbst zwar hie und da für das eine oder andere Stück Fleisch und Spezialbrot
ein Paar Euro mehr ausgibt, sonst aber größten Wert auf möglichst günstige
Preise legt.
Freilich, bei der Qualität mag man möglichst keine Abstriche
machen und auch nicht bei der Sicherheit. Darum legt man gerade in Österreich
auf Kontrolle und Überwachung der Lebensmittelproduktion vom Feld bis zum
Teller größten Wert. Allergrößten. Längst hat ein nachgerade manischer
Vorschriften-, Kontroll- und Überwachungswahn das Vertrauen als wichtigste
Instanz zwischen Produzenten und Konsumenten verdrängt.
Die Lebensmittelhersteller - von den Bauern, über die
gewerblichen Verarbeiter bis zur Lebensmittelindustrie - werden dabei
schwindelig gespielt von den immer neuen Auflagen und Forderungen nach immer
noch mehr Kontrollen.
Dass das für einen Großteil der Bauern, der
Gewerbetreibenden und auch für die heimische Lebensmittelindustrie längst zu
einer existenziellen Gefahr geworden ist, scheint denen einerlei, die so bräsig
wie selbstherrlich einem romantisierenden Bild der Landwirtschaft anhängen und
gar versuchen, es zum Leitbild der Agrarpolitik zu machen. Denn die zuweilen
schon krankhafte Sucht nach Sicherheit und Nachvollziehbarkeit von allem und
jedem in der Lebensmittelproduktion, die immer neuen Vorschriften für
Produktion und Verarbeitung und der immer neue Blüten treibende Kontrollwahn,
verleiden den Bauern zunehmend die Arbeit.
Dass man damit genau jene kleinen Strukturen in
Landwirtschaft und Gewerbe umbringt, die zu schätzen man vorgibt, und statt
dessen industriellen Produktionsformen den Weg ebnet, weigert man sich, zur
Kenntnis zu nehmen. Leiden schon die Großen darunter, so haben erst recht nicht
die kleineren Betriebe in Landwirtschaft und Gewerbe die Strukturen, das
Personal und auch nicht die Technik, um alles bis zu jedem i-Tüpfelchen zu
erfüllen. Für sie ist es daher im Verhältnis zu Umsatz und Erlös besonders
aufwendig und teuer, all den Vorschriften gerecht zu werden.
Viele haben längst das Handtuch geworfen, weil sie sich das
nicht mehr antun wollen. Inzwischen schreien selbst die Biobauern auf, weil sie
fürchten, dass mit der neuen EU-Bioverordnung und ihren noch strengeren Regeln
dem Biolandbau mehr geschadet als geholfen wird.
Ideen, diese Probleme für alle Seiten befriedigend zu lösen,
Antworten gar, gibt es bislang wenige. Dass Leute wie AMA-Marketing-Chef
Michael Blass auf einfachere Strukturen drängen kann nur ein erster Schritt
sein.
Die Politik ist gefordert. Die Aufgabe ist freilich keine
einfache in einem Land, in dem das Bonmot kursiert, dass die Lizenz für eine
Kontrollfirma nichts anders ist, als die Lizenz Geld zu drucken.
Gmeiner meint - Blick ins Land 9/14, 4. September 2014
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