Mittwoch, 17. September 2014
Dunkle Wolken über der Landwirtschaft
Den Nebenerwerbsbauern wird das Arbeitslosengeld gestrichen. Das aber ist noch nicht das einzige Ärgernis auf den Höfen.
Hans Gmeiner
Salzburg. Eigentlich glaubten die Bauern nach der Umsetzung der Agrarreform und der Bereinigung der Probleme rund um die Almvermessung an einen ruhigen Herbst und klare Verhältnisse für die kommenden Jahre. Doch nun tun sich schier im Wochentakt neue Baustellen auf, die auf den Höfen für Verunsicherung sorgen.
Größter Aufreger in den Bauernstuben ist derzeit die Streichung des Arbeitslosengeldes für Nebenerwerbsbauern. Dass diese Bauern, wie alle anderen auch, in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, wenn sie unselbstständig beschäftigt sind, nützt ihnen wenig. Der Verwaltungsgerichtshof entschied vor dem Sommer, dass Nebenerwerbslandwirten das Arbeitslosengeld ab der Einheitswerthöhe nicht mehr zusteht, ab der für Landwirte die Pflicht zur Pensionsversicherung ausgelöst wird. Basis dafür ist in der Sozialversicherung der Bauern bereits ein Einheitswert von 1500 Euro. „Leben davon kann niemand“, sagen die Bauern.
Bisher war der Spielraum für die Nebenerwerbsbauern deutlich größer. Die Regelung erlaubte den Bezug von Arbeitslosengeld bis zu einem Einheitswert von knapp mehr als 13.000 Euro. Grund für den Wirbel ist eine verpfuschte Regelung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für Selbstständige, die von der Wirtschaftskammer durchgesetzt wurde. „Da hat man die Bauern auf dem falschen Fuß erwischt“, sagt Hermann Schultes, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich. „Unsere Anmerkungen fielen bei der Neufassung der Vorschriften unter den Tisch.“
Die Zahl der betroffenen Nebenerwerbsbauern geht in die Tausende. „Allein im Waldviertel rechnen wir mit 1500 Fällen“, sagt Schultes, der auch Präsident der Landwirtschaftskammer Niederösterreich ist. Dabei geht es vor allem um Landwirte, die auf Saisonarbeit gehen, um für ihre Höfe einen Zuverdienst nach Hause zu bringen. Das sind Liftwarte in den Skigebieten genauso wie Forstarbeiter, Beschäftigte in der Gastronomie und im Fremdenverkehr und viele andere. Insgesamt werden in Österreich 60 Prozent der Bauernhöfe im Nebenerwerb bewirtschaftet. Der Großteil dieser Höfe hat Einheitswerte von weniger als 13.000 Euro und ist damit drastisch von den derzeitigen Einschränkungen betroffen.
Die Bauern drängen nun mit Hochdruck auf eine Sanierung des Problems. Nächste Woche soll es einen Vorschlag geben, wie es gelöst werden kann.
Für Verunsicherung in der Bauernschaft sorgt auch, dass das Umweltprogramm von der EU noch nicht genehmigt ist. Dort spießt es sich insbesondere bei der Förderung für Steilmahdflächen und der Gestaltung der Förderung für den Biolandbau. Obwohl sie nicht wissen, was kommt, müssen die Bauern in diesen Wochen bereits dennoch ihre Förderanträge abgeben, mit denen sie sich auch für Umweltmaßnahmen verpflichten.
Immer größer werden zudem die Schwierigkeiten auf den Agrarmärkten. Das weltweite Rekordangebot bei Getreide, Mais, Obst und Zucker lässt die Preise auf immer neue Tiefststände fallen. Verschärft wird diese Situation durch die russische Importsperre, die vor allem die Schweine-, Milch- und Obstbauern trifft. Außer vielen Versprechungen und Absichtserklärungen gab es für die Landwirtschaft bisher keine konkreten Hilfestellungen, um mit den Preis- und Absatzproblemen zurechtzukommen, die der Importstopp Russlands verursacht. „Die konkrete Umsetzung ist schwierig und aufwendig“, sagt Schultes.
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 17. September
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