Samstag, 25. Juli 2015

Bauern stecken im Preistief



Die Agrarmärkte sind weltweit am Boden. In Österreich spüren das vor allem die Milch- und Schweinebauern. Die Getreidebauern hoffen noch auf eine Marktwende.

Hans Gmeiner

Salzburg. Die Bauern stecken in einem hartnäckigen Preistief. Seit dem Preishoch 2007 und 2008, als allerorten wegen der explodierenden Nahrungsmittelpreise die Alarmglocken schrillten und es in manchen Regionen sogar zu Aufständen kam, geht es mit den Preisen zumeist nur mehr bergab.

Laut der Welternährungsorganisation FAO lagen die Nahrungsmittelpreise im Mai 2015 weltweit auf dem niedrigsten Stand seit sechs Jahren. In praktisch allen Produktionssparten gab es innerhalb der vergangenen zwölf Monate Rückgänge im zweistelligen Prozentbereich. So lag heuer der Getreidepreisindex um 22,4 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor. Bei Pflanzenölen waren es minus 21 Prozent. Und auch bei Fleisch, Milch und Zucker lagen die Indizes deutlich im Minus. Insgesamt weist die FAO beim Lebensmittelpreisindex einen Rückgang von 20,7 Prozent binnen Jahresfrist aus. Im Juni gab es abermals ein Minus von 0,9 Prozent gegenüber dem Vormonat. Damit erhöhte sich der Rückgang innerhalb eines Jahres auf 21 Prozent.

Die Entwicklung macht auch vor der heimischen Landwirtschaft nicht halt. Die Milchpreise für die Erzeuger rutschen seit Monaten in den Keller. Erst mit 1. Juli läuteten die großen heimischen Molkereien eine neuerliche Preissenkungsrunde ein. Die Berglandmilch zahlt ihren Lieferanten nur mehr 30 Cent netto für einen Liter Milch. Um keinen Cent mehr zahlt inzwischen auch die NÖM. Wie groß der Druck ist, zeigt eine Meldung aus Deutschland. Dort gab es Anfang Juli bei einem Diskonter einen Liter Haltbarmilch um 25 Cent zu kaufen. „Haben die jeden Respekt verloren?“, protestierten erboste Bauern daraufhin postwendend in den sozialen Netzwerken.

Den Schweinebauern geht es ganz ähnlich. Dort lagen die Preise, die den Bauern gezahlt wurden, Ende Juni auf einem Sieben-Jahres-Tief. Statt des saisonüblichen Anstiegs zur Grillsaison und einem Preis von rund 1,50 Euro pro Kiligramm bekamen die Bauern gerade einmal 1,28 Euro. Als verantwortlich für die Malaise sieht Hans Schlederer von der Österreichischen Schweinebörse das Russland-Embargo und die niedrigen Preise in Deutschland. Dort rutschten die Preise binnen Wochenfrist um zehn Cent hinunter. Inzwischen gibt es zwar eine leichte Erholung. „Von den ursprünglichen Erwartungen sind wir aber noch weit entfernt“, sagt Schlederer.

Hoffnungen, dass die schlechten Preisprognosen Lügen gestraft werden, machen sich nach der Hitzewelle im Juli die Ackerbauern. Je heißer die Sonne vom Himmel brannte, desto stärker stiegen die Kurse für Weizen, Mais, Gerste und Raps auf der für Österreich maßgeblichen Warenterminbörse Matif. Insbesondere in Frankreich und Deutschland befürchtet man Ertragsrückgänge als Folge der Hitze und damit ein knapperes Angebot. Die Ackerbauern müssen seit Jahren mit enormen Preisschwankungen zurechtkommen. Von knapp 100 bis zu 220 Euro pro Tonne war etwa beim Mahlweizen in den vergangenen Jahren alles drin. Auch wenn zuletzt die Kurse wieder gefallen sind, glauben Marktkenner wie Christian Krumphuber von der Landwirtschaftskammer Oberösterreich, dass es doch noch etwas wird mit guten Preisen. „Ich glaube nicht, dass die Hitzeperiode spurlos vorbeigeht“, sagt er.

Die Aussicht der Bauern auf gute Preise bleibt dennoch trüb. „Die Landwirtschaftsprodukte werden in den kommenden zehn Jahren allmählich günstiger“, prognostizierte erst jüngst die OECD. Begründet wird die Vorhersage mit hoher Produktivität in der Landwirtschaft und der gleichzeitig langsamer wachsenden Nachfrage. Zudem verringerten die niedrigen Ölpreise den Anreiz zum Umstieg auf Biotreibstoffe, was den Markt entlaste. Zu früh sollten sich die Konsumenten freilich nicht freuen. Und zu früh müssen sich die Bauern auch nicht fürchten. „Der Ausblick auf die globale Landwirtschaft ist zwar ruhiger als in den vergangenen Jahren, wir können aber das Risiko von neuerlichen Preisspitzen in den kommenden Jahren nicht ausschließen“, sagte OECD-Generalsekretär José Ángel Gurría bei der Präsentation der Prognose.
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 5. Juli 2015

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