Donnerstag, 23. Juli 2015

Land in Nebel - und Filz



Es ist aus Filz, rot, hässlich und unnütz. "Schlüssel für mehr Gerechtigkeit" steht drauf. Und auf der Verpackung ist die Firma vermerkt, die den Schlüsselanhänger importierte. Es ist, das sei angemerkt, ein Werbeschenk jener Partei, die sich just der heimischen Arbeiterschaft und dem Erhalt hiesigen Arbeitsplätzen verschrieben hat. Auf dem Papier zumindest. Und in den Sonntagsreden ihrer Proponenten.

Es soll gute Stimmung machen und einen für die Partei einnehmen. Warum freilich, erschließt sich dem Beschenkten nicht. Aber macht wohl nichts. Das Geld dafür hat man, wie man weiß. Österreichs Parteien haben sich ein, wie es dieser Tage eine Tageszeitung formulierte, "Schlaraffenland" an Förderungen eingerichtet. 135,5 Millionen Euro direkt plus gut 70 Millionen an zweckgebundener Förderung für die Parlaments-und Landtagsclubs und die Parteiakademien genehmigen sich die Parteien Jahr für Jahr aus dem Steuertopf. Ohne die Förderungen für die Gemeinden wohlgemerkt. Diese Summe fließt alleine an Parteiorganisationen auf Bundesund Landesebene.

Mehr als 200 Millionen für die paar Parteien - das ist keine Petitesse mehr, sondern das ist richtig viel Geld, wenn man es in Relation zu anderen Förderungen setzt. Etwa zu jenen für die so oft und so gerne gescholtene Landwirtschaft. Diese 200 Mio. Euro für die paar wenigen Parteien mit ihren gerade einmal ein paar tausend Mitarbeitern entsprechen fast 20 Prozent der jährlichen Förderungen, die an gut 150.000 Bauern fließen, auf dass sie das Land mit Essen versorgen, die Umwelt schützen und die Landschaft schön und fremdenverkehrstauglich erhalten.

Aber sei's drum. Bemerkenswert - und ärgerlich - ist vor allem, dass sich die Parteien mit Händen und Füßen dagegen wehren, die Geldflüsse offenzulegen, während sie bei den Bauern keinerlei Skrupel und jede Menge Argumente haben, von ihnen eine Offenlegung auf Heller und Pfennig zu verlangen. Im Internet und einsichtbar für jedermann. Aber diese Verschlossenheit fügt sich in die Gepflogenheiten dieses Landes, in dem das Florianiprinzip den politischen Takt vorgibt. Heiliger Sankt Florian, verschon' mein Haus, zünd' and're an!

Nicht nur politische Parteien sind es, die sich gegen mehr Transparenz wehren, wenn es um das eigene Geld geht. Das gilt auch für die Kammern und das gilt auch für die Medien. Allerorten wird allemal lieber gerne gemauschelt, vernebelt und, wenn's sein muss, auch vertuscht, wenn die Neugier der Öffentlichkeit allzu groß wird.

Dass das dabei mitunter seltsame wie entlarvende Blüten treibt, zeigte sich in den vergangenen Wochen gleich mehrmals. Am amüsantesten - und entlarvendsten - war wohl, wie just jener freiheitliche Reimeschmied in den Verdacht geriet, öffentliche Gelder via Inseratenaufträge in die FPÖ-Parteikasse umgeleitet zu haben, der den FPÖ-Slogan "Unser Geld für unsere Leut'" erfand und wie schnell er auf Tauchstation ging.

Er war nicht der Einzige, dessen Verständnis von Transparenz dieser Tage entblößt wurde. Nationalratspräsidentin Doris Bures geriet wegen Inseratenaufträgen in die Schlagzeilen. Dem Bundeskanzler haftet seit jeher der Geruch an, in erster Linie dank Inseraten-Millionen in die Gunst des Boulevards und in der Folge ins Amt gekommen zu sein. Und die Arbeiterkammer musste sich erst kürzlich fragen lassen, was ein Vergleich von Mitteln gegen Pickel und Mitessern denn bitte mit der Vertretung von Arbeitnehmern und einer zweckmäßigen Einsatz der Gelder zu tun habe, für die jedem unselbstständig Beschäftigten hierzulande zwangsweise 0,5 Prozent des Bruttoeinkommens abgeknöpft werden.

Dinge wie diese machen nachvollziehbar, dass man die Transparenz scheut. Zumindest dann, wenn es um die eigenen Angelegenheiten geht. Die Unverfrorenheit, mit der man von anderen fordert, was man für sich selbst verweigert, ist in diesem Land längst unerträglich geworden. Die Registrierkassenpflicht gehört dazu, die de facto-Aufhebung des Bankgeheimnisses und vieles andere mehr. Gleiches gilt für die Doppelbödigkeit der Parteien, der Kammern und auch vieler Medien und all der anderen, die glauben, uns Tag für Tag oberlehrerhaft vorgeben zu müssen, was wir wie zu tun und zu unterlassen haben und was richtig und was falsch ist.

Und es gilt auch für Geschenke, wie den unnötigen Schlüsselanhänger aus rotem Filz, die letztendlich aus Fördergeldern bezahlt werden.

Wiewohl - in Wien wäre das im Sinne der Selbstdarstellung zumindest ehrlich.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 23. Juli 2015

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
UA-12584698-1