Die Vollmundigkeit verwunderte. "Wir reden sicher in
der Größenordnung von 100 Mill. Euro, die da notwendig sind für Österreich",
diktierte Landwirtschaftsminister Rupprechter Ende August den Journalisten in
die Notizblöcke. Und, ganz so, als sei schon fast alles im Sack, fügte er nach
einem Treffen mit Agrarkommissar Hogan, bei dem es um Hilfen die die Milch- und
Schweinbauern ging, an: "Der Kommissar war sehr offen unseren
Vorstellungen gegenüber".
Was den heimischen Bauern Hoffnungen machen und dem Minister
Ruhm bringen sollte, geriet zum Desaster. Aus den 100 Millionen wurden
nachgerade mickrige sieben Millionen. Da war dann auch der Mann, dem bei seiner
Bestellung zum Minister zu Gute gehalten wurde, besonders gute Drähte
nach Brüssel zu haben, mit seinem Latein am Ende. Als Krisenkonzept gab er dann
die Devise aus, die so auch von jedem anderen x-beliebigen Agrarpolitiker aus
einem x-beliebigen Dorf ausgegeben hätte werden können. "Wir müssen dieses aktuelle Preistal
durchtauchen".
Rupprechters Hilfe-Flop ist symptomatisch für die
vergangenen Wochen und Monate. Man hat den Bauern kaum etwas zu bieten, schon
gar nicht neue Ideen. Wie schon seit Jahren betet man auch diesmal
gebetsmühlenartig die gleichen Argumente herunter. Man geißelt den Handel als
unanständigen Preisdrücker, man appelliert an die Konsumenten, man redet diffus
von der Wertigkeit der Lebensmittel und von der Qualität und man klagt darüber,
dass sogar Katzenfutter teurer ist, als das Schnitzel im Supermarktregal - ganz
so, als wollte man die eigene Unfähigkeit, das zu ändern, damit auch noch
dokumentieren.
Geholfen hat das schon bisher nichts, und auch diesmal
brachten die Vorhaltungen genau nichts. Das ist symptomatisch für die heimische
Agrarpolitik. Man bleibt auf den eingefahrene Geleisen, und erweisen sie auch
als noch so wenig zielführend, man hat keine neuen Ideen und man bringt keine
wirkungsvollen Initiativen auf den Weg.
Dabei ginge es auch anders. Auch in Österreich. Hier gibt es
auch mitten in der Krise Erfolgsgeschichten in der Landwirtschaft. Gemeinsam
ist ihnen freilich, dass sie sich zumeist gegen den agrarpolitischen Mainstream
durchsetzen mussten. Über Bio etwa lächelt man immer noch und über
Erfolgsprojekte wie die Heumilch mag man auch nicht recht reden.
Dass es anders geht, zeigen auch andere EU-Länder. In
Belgien etwa haben sich schon Ende August Bauern, Handel und
Nahrungsmittelindustrie nach wochenlangen Verhandlungen auf Extra-Hilfen für
Milch- und Schweinefleischerzeuger geeinigt. Für Milch sollen 2,7 Cent mehr
fließen. Für Milchbauern sollen über dieses auf sechs Monate limitierte
Programm insgesamt 46 Mill. Euro zusammenkommen und für die
Schweinfleischerzeuger 30 Mill.
Verständlich, dass die Verbitterung in der heimischen
Landwirtschaft wächst. Zuzuschreiben haben sich die Agrarpolitiker und die
Interessensvertreter das zu einem guten Teil auch selbst. Sie sind Opfer ihrer
eigenen Muskelspiele, mit denen sie so gerne den Eindruck erwecken, schier
alles regeln zu können und genau zu wissen, wo die Schuldigen sitzen und was
die zu tun hätten. Nun können sie - wieder einmal - ihre Versprechen nicht
einlösen und müssen die Erwartungen der Bauern enttäuschen.
Denen bleibt angesichts der Umstände in der Tat nichts
anderes, als das Preistief tatsächlich durchzutauchen. Wünschen kann man ihnen
nur, dass sie dafür genug Luft haben.
Gmeiner meint - Blick ins Land 5. Oktober 2015
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