Donnerstag, 29. Oktober 2015
Es bleibt, wie es ist
Sie sind schwarz-blau, rot-grün, rot-blau, rotblau-schwarz-grün oder gar noch bunter. Manchmal tragen sie gar schmucke Namen, nachempfunden den Fahnenfarben ferner Länder. In den vergangenen Tagen häuften sich in den Medien Berichte und Betrachtungen über die Vielfalt der Parteikoalitionen in diesem Land.
Acht Koalitionen in allerlei Konstellationen gibt es inzwischen auf Landesebene. Nur mehr Niederösterreich ist monocolor schwarz. Die Landeshauptstädte schillern, bis auf das einheitlich rote Eisenstadt, zumeist in vielen Farben. Und die Gemeinden erst recht.
Österreich geht heute wesentlich entspannter mit dem Thema um als noch vor wenigen Jahren. Selbst der schwarz-blaue Pakt in Oberösterreich sorgt kaum mehr für Aufregung. Da hat schon deutlich mehr Konfliktpotenzial, dass es dort in der Landesregierung derzeit keine Frau gibt.
Das ist durchaus positiv für ein Land, das seit Jahrzehnten als im eisernen Griff von zwei Parteien gesehen wird, denen seinerzeit das "Wohl" zugeschrieben wurde, seit Jahren aber nur mehr das "Weh". Diese neue Vielfalt freut viele Menschen, manche werten das gar als Aufbruch der Parteienlandschaft und nicht wenige knüpfen Hoffnungen dran.
Fragt sich freilich - warum bloß? Denn die Frage bleibt: Was haben diese Koalitionen bisher gebracht? Was hat das Land davon? Und was die Wähler? Was haben diese neuen Koalitionen bewegt? Und was hat sich dadurch verändert? Sind sie tatsächlich geeignet, dem Land Hoffnung zu geben? Die, die in einer solchen Koalition arbeiten, werden wohl viele Antworten drauf haben, die die neue Buntheit positiv bewerten. Der große Rest freilich wird wohl mit den Achseln zucken: "Also, ich weiß nicht so recht."
Man kann sie verstehen. Österreich ist alles in allem nicht anders geworden durch die neuen Koalitionen und die neue Vielfalt. Und die Probleme wurden nicht kleiner. Auch nicht dort, wo diese bunten Koalitionen an der Macht sind. Immer wieder zeigt sich, wie schnell die hochtrabendsten Pläne und die großspurigsten Ankündigungen im PolitikAlltag verschwinden. Aufgefressen von der Tagesroutine, zerrieben von Meinungsverschiedenheiten, gescheitert am eigenen Durchsetzungsvermögen oder am Unverständnis des Partners.
Gut, Wien hätte wohl keine neue Mariahilferstraße und Oberösterreich keinen "Lufthunderter". Dass die Blauen im Burgenland ans Ruder gekommen sind, hat bisher noch in keiner Weise etwas - je nach Standpunkt - bewirkt oder verursacht. In Kärnten wünscht man sich wohl auch, es hätte das seinerzeitige bunte Treiben nie gegeben. Der versprengte Stronach-Mann in Salzburg ist auch unter dem neuen Mäntelchen das geblieben, was er immer war -ein Schwarzer. Und die Neos sind immer noch nirgendwo. Und in den Gemeinden dominiert ohnehin eher die praktische Arbeit.
Länder und Gemeinden und die dortigen Koalitionen sind es jedenfalls nicht, die in diesem Land Änderungen bewirken. Und das freilich nicht, weil der Bund und die dort einzementierte Koalition zu stark und zu starr ist. Der Grund ist eher darin zu sehen, dass man sich viel zu sehr mit sich selbst und der Sicherung der eigenen Macht-Schrebergartens beschäftigt, als sich um das Ganze zu kümmern. Im Bund steht der Beweis noch aus. Schwarz-blau gab's schon einmal. Manche meinen, das habe auch funktioniert. Andere befinden das nicht und kommen heute noch ins Schaudern.
Österreich bleibt wohl in jedem Fall, steht zu befürchten, wie es ist. Nicht zuletzt, weil Koalitionen, welcher Farbe auch immer, von hierzulande sozialisierten Menschen geführt werden. Und die können nicht aus ihrer Haut. Gleich welcher Couleur, leiden sie an den gleichen Defiziten. Wenn es um Kompetenz und Entscheidungsfähigkeit geht, ist es so, und um Durchsetzungsvermögen. Bei den Ideen ist es nicht anders. Und beim Wegschauen, Durchtauchen und Ducken auch.
Ob all die Alternativen, die sich angesichts der Erosion bei den beiden ehemaligen Großparteien anbieten werden, geeignet sind, das Land zu verändern und ihm endlich den Ruck geben, der längst nötig wäre, ist vor diesem Hintergrund mehr als fraglich.
Man mag sich freuen darüber, dass die Parteienlandschaft im Umbruch ist. Man sollte nicht übersehen, dass es nicht mehr als ein Anfang ist. Aus dem man freilich etwas machen sollte und könnte. Fragt sich bloß, wer?
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 29. Oktober 2015
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