Dienstag, 9. Februar 2016

Das Schnitzel sorgt für Brösel



„Die Gäste sollen auf der Speisekarte sehen, wo das Fleisch herkommt“, fordern die Bauern. Wirte und Hoteliers wehren sich gegen eine solche Herkunftskennzeichnung.

Hans Gmeiner

Wien. „Es soll auf der Speisekarte stehen, wo das Schnitzel herkommt, ob aus Österreich oder aus Rumänien oder von anderswo.“ Mit der Forderung nach einer Herkunftskennzeichnung von Fleisch und Eiern bringt Landwirtschaftskammerpräsident Hermann Schultes die Vertreter der Gastronomie auf die Palme. Vorbild für den obersten Bauernvertreter ist das Schweizer Modell, das von Wirten die Angabe der Herkunft der Produkte verpflichtend verlangt.

Als Schultes am Montag bei der Wintertagung des Ökosozialen Forums (Motto: „Billig gibt’s nicht, irgendwer zahlt immer drauf“) erneut diese Forderung stellte, kam aus der Wirtschaftskammer prompt ein „klares Nein zu dieser neuen Bürokratie-Keule für unsere Gastwirte“. Es sei legitim, sich einen höheren Absatz der eigenen Produkte zu wünschen, es könne aber nicht sein, „dass dafür die Gastronomen als ihre Abnehmer die Zeche in Form von weiteren Zwangsauflagen zahlen sollen“, ließ Fachverbandschef Mario Pulker die Bauernvertreter wissen. Michaela Reitterer, Präsidentin der Hoteliervereinigung, kann sich allenfalls eine Empfehlung vorstellen. „Aber machen wir bitte kein Gesetz.“

Die österreichischen Gastronomen braten in ihren Pfannen gern Fleisch aus dem Ausland. Allein im Gastro-Großhandel beträgt der Anteil von ausländischem Schweinefleisch rund 50 Prozent, sagt Hans Schlederer, Chef der österreichischen Schweinebörse.

Den Bauern macht aber nicht nur das Einkaufsverhalten der Gastronomie zunehmend Probleme. Auch das Einkaufsverhalten der Konsumenten und des Handels empfinden sie sehr oft als doppelbödig. Während die Landwirtschaft selbst mit immer umfangreicheren und teureren Produktionsauflagen zurechtkommen muss, findet sich vor allem in den durch Aktionen forcierten Eigenmarken des Handels oft besonders viel Billigware aus dem Ausland. Zudem zähle bei den Konsumenten laut den Erfahrungen vieler Landwirte, gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz, immer noch hauptsächlich der Preis.

Der Landwirtschaft stößt das angesichts der historisch schlechten Preise, die sie derzeit für ihre Produkte bekommen, sauer auf. Darum wirbt man mit Nachdruck um mehr Verständnis und wünscht sich mehr Wertschätzung für die heimischen Produkte. „Wer billig kauft, hat auch Umweltzerstörung, Sozial-Dumping und Tierleid im Einkaufswagerl“, sagte am Montag Stephan Pernkopf, Präsident des Ökosozialen Forums und Agrarlandesrat in Niederösterreich, bei der Wintertagung. „Diese Produkte können mit österreichischen Erzeugnissen, wenn es um Qualität und Nachhaltigkeit geht, nicht mithalten, drängen aber in vielen Bereichen heimische Bauern aus der Produktion.“

Bei Puten, Hühnern, Erdbeeren und auch pflanzlichen Ölen sei der Selbstversorgungsgrad in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. Pernkopf betont: „Es ist paradox, dass just Putenfleisch, das vielen bewussten Konsumenten als besonders gesundes Fleisch gilt, inzwischen zu zwei Dritteln aus dem Ausland kommt.“

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 9. Februar 2016

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