Kurz? Kern? Wahlkampf? Das ist alles nichts - der
Butterpreis ist zu hoch, das ist der wahre Aufreger in diesem Land. "Alles in Butter bei der
Butter?" fragt der Boulevard und weiß wie immer die Antwort "Von
wegen! Butter ist so teuer wie nie". Man tut, als ginge die Welt unter und
breche deswegen in Österreichs Haushalten die Armut aus.
Man
kennt das. Immer wenn sich die Bauern gerade ein bisserl erholen und die Preise
anziehen, geht das Geschrei los.
Die
Bauern kennen dieses Spiel inzwischen. Sie wissen, dass es ein Kampf gegen
Windmühlen ist, sich zu wehren. Dass niemand hören will, wenn sie zu erklären
versuchen, dass der aktuelle Anstieg der Butterpreise bei einem
durchschnittlichen jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von gut fünf Kilogramm keinen
Euro pro Monat ausmacht. Ihnen bleibt nur trockener Sarkasmus.
Facebook-Postings wie "Das neue iPhone kostet fast 1200 Euro, aber die
Welt geht unter, weil ein Viertel Butter mehr als zwei Euro kostet. Und wenn
die Milch um fünf Cent mehr kostet, rasten alle aus", werden geteilt, wo
immer es geht, um dem Wahnsinn nicht ganz untätig zuzusehen.
Nirgendwo
tut man so aufgeregt, wie in Österreich. Und nicht nur die Bauern fragen sich,
warum stehen bei uns ausgerechnet die Lebensmittelpreise so im Fokus? Wo doch
alle immer von der angeblich so hoch geschätzten Bauernarbeit reden, davon,
dass die Bauern einen gerechten Preis verdienen und wo man so schnell
Krokodilstränen wegen des Bauernsterbens vergießt.
Lebensmittelpreise
werden hierzulande ganz offensichtlich nicht ernst genommen. Jeder nutzt sie
nach seinen eigenen Bedürfnissen. Die Konsumenten, um zu klagen und die Gefahr
der Verarmung auszurufen, wenn sie hoch sind. Der Handel, um sich als Retter
der Konsumenten zu profilieren. Die Industrie, wie kürzlich erst die Brauer, um
Preiserhöhungen zu rechtfertigen. "Geringe Getreideernte und Preisanstieg
bei Gerste macht Bier bald teurer", ließ der Brauunion-Chef Anfang
September via Medien wissen. Gedankenlos und achselzuckend aber werden solche
Erklärungen zur Kenntnis genommen und weiterverbreitet. Dabei werden pro
Hektoliter Bier gerade einmal ein paar Kilo Gerste gebraucht. Entsprechend
gering ist der Anteil an den Erzeugungskosten.
Mit
den Lebensmittelpreisen geht immer etwas. Nur dann nicht, wenn sie niedrig
sind. Dann spielen sie keine Rolle und sind unwichtig. Dabei könnte man der
Logik der Brauer zufolge auch fragen, warum das Bier in den vergangenen Jahren
des Getreidepreisverfalls nie billiger wurde. Das freilich ist nie zu hören. Die
Bierpreise steigen immer. Wenn es nicht der Getreidepreis ist, dann sind es
Lohnkosten, Energie, Steuern.
Der
tatsächlichen Bedeutung, die sie haben, werden die Lebensmittelpreise in diesem
Umfeld, das in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten entstanden ist, nur
selten gerecht. Man spielt damit politische Spiele, sieht sie als Marketing-Gag
und biegt sie sich zurecht, wofür immer man sie braucht. Mit der Wirklichkeit,
und schon gar nicht mit dem, was die Landwirtschaft bräuchte, und verdienen
würde, haben sie meist wenig zu tun.
Das
Spiel ist übel. Scheinheilig ist nicht nur das der Medien, die sonst so gerne
die Bauern mit allerlei grünen Thesen und Forderungen vor sich her treiben.
Scheinheilig ist vor allem auch das Spiel des Handels und oft auch das der
Industrie. Überall hängt man sich gerne das grüne und nachhaltige Mäntelchen um
und lässt sich als Umweltretter und Bauernförderer beweihräuchern.
Das
indes ist meist nichts als hohle Mache. Schnell vergessen und völlig wertlos in
der täglichen Realität. Der Preis muss in Wahrheit möglichst niedrig sein. Das
ist es. Und sonst nichts. Allen treuherzigen Beteuerungen zum Trotz.
Den
Bauern bleibt immerhin so etwas wie Schadenfreude. Mit einem Mal haben auch die
Konsumenten mit dem zu kämpfen, mit dem sie selbst nach der sukzessiven Öffnung
vieler Märkte Jahr für Jahr mehr zu kämpfen haben - mit dem unberechenbaren Auf
und Ab der Preise, der Volatilität.
Abbeißen
können sie sich freilich davon nichts. Geholfen wäre Ihnen - und den
Konsumenten - nur, wenn diese oft schamlosen Spiele mit den Agrar- und
Lebensmittelpreisen und der Unterschied zwischen dem Schein der PR- und
Werbewelt, in der sich alle als einzig um Bauern und Konsumenten bemüht geben,
und der Realität unterbunden werden würde.
Aber
das freilich ist nicht mehr als eine fromme Hoffnung.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 21. September 2017
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