Donnerstag, 22. November 2018

"Digi-Toll" ist anders



In der einen Ortschaft der Gemeinde hat das Warten ein Ende und man ist begeistert und schwärmt von den neuen Internet-Geschwindigkeiten, die der Anschluss ans Glasfasernetz ermöglicht. Ein Dorf weiter steht gleich neben den Gartentüren bei jedem Haus ein kleines Schild, auf dem der Energieversorger auf den Glasfaseranschluss verweist. Aber das interessiert dort keinen, weil niemand das schnelle Internet braucht. Und wieder ein Dorf weiter, aber immer noch in derselben Gemeinde, können vor allem Freiberufler, aber auch Private das Gerede von "Power" und "Speed" und wie "Digi-toll" das sei, nicht mehr hören, mit dem großspurig Werbung gemacht wird und bekommen bei dem Thema einen dicken Hals. Denn dort bricht die Netzverbindung alle paar Stunden zusammen, tröpfeln die Daten wie vor 20 Jahren durch die Leitung und wartet man dennoch seit Jahren auf den Anschluss an die digitale Zukunft. Und dabei wird es wohl bleiben. Denn trotz politischer Interventionen ist es immer noch nicht gelungen, zumindest in den Ausbauplan aufgenommen zu werden.

Der Ausbau des Glasfasernetzes ist eine desaströse Geschichte in diesem Land. Trotz gegenteiliger Beteuerungen drängt sich der Eindruck auf, dass oft die Linke nicht weiß, was die Rechte tut, dass sich Anbieter das Land in alter Manier aufgeteilt haben, um sich nicht zu konkurrieren, und dass man meist am Bedarf vorbeigräbt, wenn man die Leitungen verlegt. Dass dann das Kabel oft dort liegt, wo es niemand braucht, dass aber dort nichts geht, wo man seit Jahren darauf wartet und darum bettelt, ist nur logische Folge davon.

Kein Wunder, dass die Klagen immer lauter werden. Österreich zählt in der EU beim Ausbau des Glasfasernetzes zu den Schlusslichtern. Gerade einmal 71.300 Anschlüsse gibt es im ganzen Land. Mit 1,1 Prozent liegt Österreich bei den Haushalten mit Glasfaseranschluss EU-weit abgeschlagen an letzter Stelle. Noch ein gutes Stück hinter der Slowakei, Irland und Kroatien, die es auch auf keine zwei Prozent schaffen. Und Welten entfernt von Ländern wie Lettland, Schweden oder Litauen, deren Anschlussquoten weit jenseits der 40 Prozent-Marke liegen.

Dabei brennt das Thema vielen Österreichern und vor allem vielen Unternehmen längst unter den Nägeln. Der Ausbau der Telekommunikation wird insbesondere in der heimischen Wirtschaft bereits höher bewertet als der Ausbau von Schiene und Straße. Erst kürzlich zeigte der Infrastrukturreport auf, dass zwei von drei Unternehmern gerade den Ausbau der Telekommunikation für besonders ausschlaggebend für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes halten.

Gehört wird das nicht. Auch wenn schon die rot-schwarze und nun die türkis-blaue Regierung in ihr Programm geschrieben haben, dass Österreich Vorreiter in Sachen Digitalisierung werden müsse, gilt nach wie vor, was einmal in einer Analyse so zusammenfasst wurde. "Die Mobilfunknetze werden wegen Überlastung immer langsamer, beim Glasfaserausbau sind wir in Europa blamables Schlusslicht und beim 5 G-Netz klopfen wir flotte Sprüche, während rund um in der Welt schon gearbeitet wird."

Der Ausbau der Kommunikationsnetze ist nicht das einzige Thema, das für Verärgerung sorgt. Auch in anderen Infrastrukturbereichen muss Österreich zuschauen, nicht den internationalen Anschluss zu verlieren. Die Verkehrsnetze sind überlastet, in den ländlichen Regionen ist man über Konzepte und schöne Worte zum Thema Infrastruktur oft nie hinausgekommen und im Umgang mit den Bedürfnissen der Wirtschaft wirkt man immer noch sehr viel öfter bösartig und hilflos, als bereit, zu gangbaren Wegen zu finden. Im Großen wie im Kleinen. Da müssen Unternehmen um Straßenanschlüsse kämpfen und werden ihnen bei Bauvorhaben mit immer neuen Auflagen immer neue Prügel hingeworfen, und wenn es eine plötzlich erkannte angebliche Hochwassergefahr ist - bis sie ernsthaft daran denken, gleich ganz abzusiedeln, weil sie nicht einsehen, schlechter behandelt zu werden als das Unternehmen auf der anderen Seite der Straße. 


Der Frust, der sich breit macht, ist nicht unverständlich. Es fehlt in den verantwortlichen Stellen am nötigen Bewusstsein und oft auch am Wollen. Dabei gäbe es viele Stellen, die sich mit der Weiterentwicklung der Infrastruktur beschäftigen sollten. Sogar ein eigenes Ministerium. Aber dort scheint man mit der Ausweitung der 140 km/h-Testzonen auf den heimischen Autobahnen ausgelastet zu sein.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 22. November 2018

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