Lange hat es gedauert. Aber spätestens seit der Austro Agrar in Tulln kann man sich auch in Österreich nicht mehr erwehren. Landwirtschaft 4.0 überall. Mit einem Mal. Sogar die Landwirtschaftsministerin hat eine Plattform „Digitalisierung der Landwirtschaft“ vorgestellt. Endlich, möchte man hinzufügen. Höchste Zeit war es für so etwas jedenfalls, um dem allerorten grassierenden Wildwuchs rund um dieses Thema Struktur zu geben.
Denn so sehr man
jetzt aufs Tempo zu drücken scheint, so sehr hat man die Jahre vorher die
Entwicklung völlig verschlafen. Die Digitalisierung der Landwirtschaft war
weder in der Politik, noch in der Beratung ein Thema. Man ließ die Bauern, die
sich dafür interessierten, meist alleine mit der neuen Technik und den
Anbietern und ihren oft kaum erfüllbaren Versprechungen das Feld.
Dementsprechend enttäuscht wurden oft die Erwartungen, als teuer wie nutzlos
erwiesen sich oft die Investitionen. Und mit dem, was Landwirtschaft 4.0 wirklich
kann, hatte das meist wenig zu tun.
„Hilf dir selbst sonst hilft dir keiner“ war und ist hierzulande die Devise. Und das war und ist nach wie vor nicht einfach. Einschulungen gibt es kaum, sondern meist nur schnelle Erklärungen. Die Handbücher sind von Technikern geschrieben, deren Hauptanliegen es zu sein scheint, bis ins letzte Detail zu erklären, was die neuen Dinger theoretisch alles können. Bedienerfreundlichkeit ist dort genauso ein Fremdwort wie Anwenderorientierung.
Um mindestens ein
Jahrzehnt hinkt man bei der Bedienerführung hinter dem her, was man heute von
jedem Smartphone gewohnt ist. Um Einstellungen zu ändern, muss man sich
vielfach auch heute wie weiland auf den ersten Computern noch durch Menus,
Untermenüs und Unteruntermenüs arbeiten und dann heilfroh sein, da wieder
herauszukommen, ohne dass die ganze Maschine stillsteht.
Einfach
jedenfalls ist anders. Und bedienerfreundlich auch. Ganz abgesehen davon, dass
sich bei vielen der Anwendungen, die derzeit propagiert werden und als der
letzte Schrei gelten, der Nutzen kaum erschließt. Das wohl auch, weil viele
Händler damit überfordert sind und kaum über das entsprechende Fachpersonal
verfügen. Und wohl auch, weil man noch weit entfernt ist, mit all den Daten,
die die neuen System produzieren, wirklich etwas für den Betrieb anzufangen.
So nimmt nicht
Wunder, dass die Einsparungen, die man gerne verspricht, um die Brieftaschen
der Bauern zu öffnen, nur ganz selten darstellbar sind. Zu teuer sind die
Gerätschaften und zu gering meist die Möglichkeiten, dadurch wirklich viel zu
sparen, zumal bei Betriebsgrößen, wie sie in Österreich üblich sind. Da muss
man noch Wege finden.
Zu wünschen ist,
dass das Thema Landwirtschaft 4.0 und alles was dazu gehört auch bei uns bald
Strukturen bekommt. Und noch mehr ist zu wünschen, dass die Voraussetzungen
dafür nicht vergessen werden. Der Ausbau der Glasfasernetze ist gerade in
ländlichen Gebieten eine Katastrophe. Und eine gute Verbindung mit einem
Mobilnetz ist auch in vielen Landesteilen immer noch eher Glückssache. Gerade
auf vielen Bauernhöfen muss man immer noch viel zu oft ins Freie gehen, um
telefonieren zu können.
Und das im Jahr 2018.
Gmeiner meint - Blick ins Land 12/18, 29. November 2018
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