Das Einkommen von Bergbauern hinkt trotz überdurchschnittlich hoher Förderung hinterher. Das zu ändern wird eine Herausforderung bei der EU-Agrarreform.
Hans Gmeiner
Salzburg. Rupert Quehenbergers Terminkalender ist in diesen Wochen dichter als sonst. Der Präsident der Salzburger Landwirtschaftskammer ist seit Februar Obmann der Arbeitsgemeinschaft für Bergbauernfragen und damit in Sachen EU-Agrarreform zentraler Anlaufpunkt für die Wünsche der Bauern aus dem Westen Österreichs.
„Meine Aufgabe ist es, Interessen zu bündeln und eine gemeinsame Position zusammenzubringen“, sagt der Bergbauer aus der Marcel-Hirscher-Heimatgemeinde Annaberg im Tennengau. Er weiß, dass die Bergbauern angesichts drohender Mittelkürzungen gut aufgestellt sein müssen. „Der Osten hat den Vorteil der Nähe zu Wien, was für den Westen nicht immer ganz so einfach ist“, formuliert er eine oft gehörte Kritik höflich. Viele Bauern in Westösterreich sind der Ansicht, dass sich die österreichische Agrarpolitik vor allem an den Wünschen in Niederösterreich orientiert. Er wolle aber keine Neiddebatte führen, sagt Quehenberger, „das bringt nichts, in Wahrheit muss es eine Perspektive für alle Bauern geben“. Für die Bergbauern sieht er die in der Qualität und in der Regionalität. „Wir haben eine sehr attraktive Landschaft, einen guten Zugang zu den Konsumenten und wir betreiben, bei allen Diskussionen, die es gibt, eine sehr sympathische Form der Landwirtschaft.“ Dazu kämen der Tourismus und die Möglichkeiten, die sich damit auch für die Landwirtschaft böten.
In Sachen EU-Agrarreform ist für Quehenberger wie für seine Kollegen „ein ordentlicher Finanzrahmen“ das Um und Auf. „Selbstverständlich fordere ich, dass die Bergbauern kräftig berücksichtigt werden, damit die Ertragsnachteile ausgeglichen werden, sonst wäre ich falsch in Wien.“ Er hat keine Scheu, eine interne Umschichtung der Mittel zu fordern. „Es gibt so viel Geld, das nicht abgeholt wurde“, sagt er, „warum kann man die Mittel nicht in Bereiche umlenken, in denen man sie für die Regionen braucht?“
Damit nicht genug. Die Agrarreform dürfe kein Programm der Verbote werden. „Wichtig ist für mich, dass die Bauern selbstbestimmt und eigenverantwortlich entscheiden können, wie und was sie produzieren.“ Er warnt davor, Auflagen und Ansprüche noch weiter nach oben zu schrauben. Gemeint ist nicht nur die Politik, sondern auch der Handel. Mit immer neuen Auflagen und überspitzten Vorschriften, wie etwa in der Tierhaltung, treffe man „genau die kleinbäuerlichen Betriebe, die laut Werbung angeblich so geliebt werden“.
Als möglichen Ansatzpunkt für die Gestaltung der künftigen Agrarpolitik bringt Quehenberger die Alpenkonvention ins Spiel, in der die Länder des Alpenbogens in einem internationalen Vertrag schon vor 30 Jahren auch ihre Vorstellungen zur Zukunft und zum Schutz der bäuerlichen Betriebe formuliert haben. Bis Ostern will er noch die Vorstellungen aus den Bundesländern sammeln. Daraus sollen dann konkrete Vorschläge werden. „Das passt in den Zeitrahmen für die Agrarreform“, sagt er. „Und da sollte man ja das Pulver nicht zu bald verschießen“, weiß er um die Begehrlichkeiten anderer Bauerngruppen und um die taktischen Spiele bei der Abstimmung der Position der österreichischen Landwirtschaft.
Bergbauern gibt es in Österreich nicht nur in den Alpen
Die 58.000 Bergbauern machen etwas mehr als die Hälfte der rund 110.000 Landwirtschaftsbetriebe aus, die Ausgleichszahlungen erhalten. Zu den Bergbauern zählen nicht nur jene in den Alpen, sondern auch viele im Mühl- und Waldviertel und anderen Gebieten, wo die Bewirtschaftung schwierig ist. Die Betriebsgrößen liegen unter dem Durchschnitt, sie müssen mit fordernden Produktionsbedingungen, höheren Maschinen- und Baukosten und geringeren Erträgen zurechtkommen. Bergbauern haben wie alle Bauern bei ihren wichtigsten Produkten Milch und Rindfleisch mit schlechten Preisen zu kämpfen. Wegen eines Bewertungssystems, das die Erschwernisse berücksichtigt, sind die Bergbauern in vier Gruppen erfasst. Daran orientiert sich die Höhe der Ausgleichszahlungen. Im Durchschnitt sind das laut Grünem Bericht 710 Euro pro Hektar, um gut 150 Euro mehr als der Durchschnitt aller Bauern. Dennoch sind die Einkommen der Bergbauern in der Regel um knapp 30 Prozent geringer als die von Nichtbergbauern.
Salzburger Nachrichten, Wirtschaft, 2. April 2019
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