Greta Thunberg segelte in den vergangenen zwei Wochen von Europa in die USA. Wenn es nach dem Hype ginge, den die junge Schwedin im vergangenen Jahr in Europa nicht nur bei den jungen Menschen auslöste, müssten wir längst dabei sein, unser Verhalten völlig zu verändern, damit wir die Welt noch retten. Doch einstweilen zumindest ist nirgendwo etwas davon zu merken. Auch nicht in Österreich, wo auch alle Parteien die Umwelt als Wahlkampfthema Nummer eins entdeckt haben und wo sich die Grünen wieder im Höhenflug befinden.
In den Statistiken lässt sich nirgendwo festmachen, dass ein Ruck durch die Gesellschaft geht und sich ein neues Denken breitmacht. In dem Land, das weit wie kaum ein anderes hinter den selbst gesetzten Klimazielen herhinkt, wächst etwa der Pkw-Bestand schier ungebremst weiter. Erstmals wurde in den vergangenen Monaten die lange als magisch geltende Marke von fünf Millionen Pkw auf unseren Straßen überschritten.
Und auch, wenn man vielerorts Problembewusstsein zu zeigen meint, wenn man Worte wie "Flugscham" in die Konversation einfließen lässt, meldet der Flughafen Wien neue Rekorde und die Austrian Airlines freuen sich allein im Juli über einen Passagierzuwachs von 5,7 Prozent. 1,5 Millionen Reisende hoben allein in diesem Monat mit der heimischen Airline ab, um fast 100.000 mehr als noch im Jahr zuvor. Das entspricht der Bevölkerungszahl, die irgendwo zwischen jener von Städten wie Wels und Klagenfurt liegt.
Zahlen wie diese passen so gar nicht zu den Umfragen, in denen wir unsere Sorge um die Umwelt so gerne beteuern und versprechen, alles dafür zu tun, dass sich das Weltklima nicht noch weiter aufheizt. Wir sind halt offenbar nicht mehr als eine Gesellschaft von Maulhelden.
Man kennt das. Zwischen Reden und Tun liegen meist Welten. Warum das so ist, ist oft schwer nachzuvollziehen. Was macht es so schwer -zumal dann, wenn man eine Sache für so wichtig hält, wie man es vorgeblich beim Klimawandel tut? Ist es allein die menschliche Trägheit? Hat es damit zu tun, dass man das Gefühl hat, der Geschnapste zu sein, wenn man selbst verzichtet, der Nachbar aber nicht? Lässt man alle Vorsätze fallen, weil man glaubt, ohnehin nichts bewirken zu können? Oder fehlen die Vorbilder?
Preis, Bequemlichkeit und Gewohnheit scheinen immer noch sehr viel weiter oben zu stehen in der Werteskala als die Sorge um die Umwelt und die Bereitschaft, dafür das Verhalten auch wirklich zu ändern. Im privaten Bereich genauso wie im öffentlichen.
Die Bauern etwa leiden schon lange darunter, dass Versprechen und Absichtserklärungen, die sich in Umfragen manifestieren, nichts mit dem Verhalten der Konsumenten an den Supermarktkassen zu tun haben. Man kennt das freilich auch aus anderen Sparten. Jüngst sorgte in Oberösterreich für einen Riesenwirbel, dass ein Bauunternehmen im Rahmen eines Straßenbauauftrages des Landes Oberösterreich Granit-Leistensteine aus dem tausende Kilometer entfernten China importiert hatte -just für eine Straße im Mühlviertel, der Granit-Region im Land ob der Enns. Tausende Kilometer Transport wegen ein paar tausend Euro, die man sich erspart?
Da wie dort verweist man darauf, dass alles seine Richtigkeit habe. Das mag sein. Aber ist es deswegen auch richtig? Ist es nicht die Politik, die all diese Vorschriften gemacht hat, auf die man sich im Fall des Falles beruft, um die Hände in Unschuld zu waschen?
Die Antwort ist wohl "ja". Und darum ist auch von der Politik zu fordern, dass sie diese Vorschriften anpasst. Auch wenn das nur ein Anfang sein mag. Die Preise waren nun über Jahrzehnte eines der wichtigsten Kriterien, wenn es in der Wirtschaft um gleiche Chancen und Marktbedingungen ging.
Nun ist es an der Zeit, andere Schwerpunkte zu setzen. Im heimischen Vergaberecht genauso wie bei Abkommen auf internationaler Ebene, wo derzeit vor allem die Landwirtschaft heftig um das Mercosur-Abkommen der EU mit südamerikanischen Staaten ringt. Der ökologische Fußabdruck der Transporte oder die Ökobilanz der Produkte könnten solche Ansätze sein. Gefordert sind nicht nur internationale Einrichtungen, sondern auch genauso Bund und Länder in Österreich im Rahmen ihrer Möglichkeiten und in ihrem eigenen Umfeld.
Mag sein, dass dann nicht mehr alles so billig ist - aber viele der Maulhelden täten sich wohl leichter, ihre Umweltgesinnung wirklich zu leben.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 29. August 2019
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