Lassen wir all diese Dinge, wie die Dauerstaus auf den Straßen und Autobahnen in den Süden, die Meldungen von überfüllten Zügen und von Flugzeugverspätungen, vergessen wir die diversen Streikdrohungen, die einem Jahr für Jahr und immer mehr die Urlaubsfreuden vergällen. Reden wir doch einmal über Österreich, das sich so gerne als schönstes Urlaubsland der Welt feiert und sich für unwiderstehlich hält.
Es gibt wunderbare Flecken in unserem Land, traumhaft schöne Landstriche und Regionen, all die Berge und die Seen sind ganz unglaubliche und dass die Sterne von einst nichts mehr mit heute zu tun haben, dass man in dem Ferienort doch ein etwas gewöhnungsbedürftiges Verhältnis zu Ruhe hat, und dass man bei der Wahl des Lokals für das Abendessen wohl besser auch gleich ordentliche Abstriche macht -wenn man denn überhaupt eines außerhalb der Hotel-und Apartmentwelten findet.
Freilich ist das nicht immer so. Aber es ist sehr viel öfter so, als man in Österreich, in dem der Fremdenverkehr einer der wichtigsten Wirtschaftszweige ist, annehmen möchte. Natürlich gibt es all die Perlen, von denen man das ganz Jahr über träumt, aber man muss Jahr für Jahr mehr Glück haben sie zu finden. Das wird immer schwieriger. Denn Urlaub in Österreich ist immer öfter nicht ganz das, was man sich erwartet. Reden darüber mag im üblich gewordenen Erfolgstaumel freilich niemand, sprechen doch die Zahlen eine ganz andere Sprache.
Man sollte es dennoch tun. Denn immer öfter Schätze, mit denen in der Tat kaum andere Länder mithalten können. Auch die heurige Sommersaison scheint, nach allem was zu hören ist, wieder eine gute zu werden. Warum das aber so ist, erschließt sich einem Österreich-Urlauber freilich nicht immer ganz leicht, wenn er in einer Pension in einem dieser Orte, die immer mit so tollen Worten beworben werden, sein Zimmer bezogen hat, nach der anstrengenden Anreise Ruhe sucht und nach der Erholung nach einer Möglichkeit, gut zu essen. Da fällt dann auf, dass die Pension und das Zimmer schon viel bessere Jahre gesehen haben zeigen sich an ganzen Regionen Verschleißerscheinungen. Beliebig zugepflasterte Landschaften, zerschlissen regelrecht vom jahrzehntelangen Anbiedern an die Urlaubsgäste, die das Geld bringen sollen, überrollt vom Tourismus und dem, was für den Erfolg wichtig gehalten wird. Oft nichts als schnell hingebaute Gebäude, billige Architektur ohne Konzept, schrille Farben und noch schrillere Lokalkonzepte sollen Gäste anziehen. Wie potemkinsche Unterhaltungsregionen.
Viele Regionen und Orte sind in den vergangenen Jahren unter die Räder gekommen. Mit falschen Konzepten und überzogenen Erwartungen haben sie oft Identität und Herz verloren. Viele der touristischen Glanzpunkte kommen nicht mehr zur Geltung wegen einer verfehlten Raumordnungspolitik. Alles scheint viel zu oft willkürlich zusammengewürfelt und kein Fleck verschont worden zu sein. Urlaubsregionen als Fleckerlteppiche der Lustbarkeiten.
Eins scheint sich ins andere zu fügen. Nicht nur in den zerschlissenen Regionen finden sich viel öfter als man meinen möchte verschlissene Beherbergungsbetriebe. Bei allem Bemühen können oft auch angesehene Häuser meist nicht übertünchen, dass sie der Zug der Zeit überfahren hat. War es seinerzeit meist besonders reizvoll im Urlaub "besser" zu wohnen als daheim, so ist es heute meist umgekehrt. Der Gast muss Abstriche in Kauf nehmen, oft sogar jede Menge. Und die Augen zumachen.
Und dann ist da noch die Gastronomie oder was sich dafür hält. Im Land der Kulinarik-Initiativen und des permanenten Feinkostladen-Geredes ist es immer noch meist ein Glücksfall, ein Lokal zu finden, in dem man sich wohlfühlt und auch noch Essen bekommt, das Freude macht. Wenn man nicht von vorneherein eines kennt, wird es schwer. Reinfälle haben eine weitaus höhere Wahrscheinlichkeit als Glücksfälle, wenn man ein Lokal zum Essen sucht. Immer noch.
Es ist freilich nur selten eine grenzenlose Profitgier, die dafür verantwortlich zu machen ist. Geschuldet ist diese Entwicklung weitaus häufiger einem äußerst schwierigen wirtschaftlichen Umfeld und oft absurden Vorschriften, die es meist unmöglich machen, einträglich zu wirtschaften und die jede Entwicklung bremsen.
Aber reden mag auch darüber niemand. Könnte ja das schöne Bild zerstören, das man sich vormacht.
Man sollte dennoch den Mut dazu aufbringen. Und mehr auf Österreich schauen.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 14. August 2019
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