Donnerstag, 30. Januar 2020

Zwischen Versprechen und Wirklichkeit



In Österreich ist man ja gemeinhin stolz auf seine Freundlichkeit. Und die Unternehmen, wir leben ja in einer Dienstleistungsgesellschaft, auf die Kundenorientierung. Man weiß ja, worauf es ankommt. "Wir wollen ja zufriedene Kunden", sagt man gerne und "Bei uns ist der Kunde König", verspricht man mitunter so gerne wie vollmundig.

Der gemeine österreichische Kunde, respektive die gemeine österreichische Kundin, lässt sich davon nicht beeindrucken und pflegt, was die Versprechungen betrifft, eine große Portion Skepsis, sind doch die Erfahrungen oft ganz andere, die man selbst immer wieder machen muss. Und die oft wenig mit dem zu tun haben, was versprochen wird. "Bei der Kundenorientierung haben die Unternehmen noch viel Luft nach oben", fassten die Medien jüngst das Ergebnis einer Imas-Umfrage zusammen. Auf der Skala von eins bis zehn gab es in der Umfrage für die Kundenorientierung heimischer Unternehmen nur die bescheidene Note 5,9. Bestnoten verteilten in der der Umfrage nur 25 Prozent der Befragten.

Als ausschlaggebend für die Zufriedenheit, respektive die Unzufriedenheit, nennt Imas insbesondere das Auftreten des Personals. Unhöflichkeit, Inkompetenz und schlechte Beratung sind es, die die Konsumenten vor allem stören, wenn sie einkaufen. Rund 80 Prozent der Befragten gaben an, bei Inanspruchnahme einer Dienstleistung oder beim Kauf eines Produktes schlechte Erfahrungen gemacht zu haben. Jeder fünfte der Befragten nannte unfreundliches Personal als Begründung für die schlechte Benotung und elf Prozent beklagten die Inkompetenz der Verkäuferinnen und Verkäufer. Das ist ein sehr dürftiges Ergebnis, zumal für Branchen die Jahr für Jahr unter größeren Druck durch den Online-Handel und andere Online-Geschäfte kommen. Mit Kundenorientierung zumindest gelingt es derzeit allem Anschein nach nicht dagegen anzugehen.

Denn der Alltag zeigt den Konsumenten immer wieder, wie weit Versprechen und Wirklichkeit auseinanderklaffen. Etwa, wenn ein "Fachberater" bei der Beratung beim Kauf etwa eines elektronischen Gerätes allein damit glänzt, dass er die Angaben am Preisschild vorlesen kann, aber bei der ersten Nachfrage nach mehr Details passen muss. Oder wenn selbst an Einkaufssamstagen von den mehr als fünf Kassen nur eine einzige geöffnet ist. Gar nicht zu reden davon, wenn man stundenlang versucht, in Hotlines Auskunft zu bekommen. Und sehr schnell vorbei mit der Kundenorientierung ist es auch, das bestätigt die Umfrage, wenn es um Service-oder Garantiefragen geht. Da werden die Unternehmen sehr schnell sehr schmallippig und der Kunde, an dem zu orientieren angeblich das ganze Trachten des Unternehmens ist, sehr schnell zu einem lästigen Bittsteller.

Und enttäuscht wird oft auch, wer die Versprechen der Kundenorientierung ernst nimmt und auf das Angebot zurückkommt, sich in Fragekarten oder gar im Internet über die Erfahrungen und die Zufriedenheit mit einem gerade abgewickelten Geschäft oder ein in Anspruch genommenes Angebot zu äußern. Reaktionen darauf gibt es praktisch kaum, allenfalls, dass sich ein sogenannter Bot, ein auf Höflichkeit und Unverbindlichkeit programmierter Schreibautomat, bedankt. In Wahrheit ist das freilich meist nichts anderes als die Bestätigung dafür, dass man für den großen Papierkorb geschrieben hat.

Zu billig ist es, die gesamte Verantwortung dafür auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abzuwälzen. Die mögen einen Teil dazu beitragen, aber sie haben es auch nicht immer einfach. Zum einen, weil die Kundinnen und Kunden auch keine Engel sind, sondern oft bis an die Grenzen der Erträglichkeiten unfreundlich und lästig sein können. Zum anderen aber auch, weil sie wohl auch allzuoft von den Unternehmen zu wenig Unterstützung und Anerkennung bekommen.

Viel wäre wahrscheinlich gemacht, wenn die Unternehmen ihre Versprechen selbst ernst nehmen würden. Wie überall geht es dabei um Glaubwürdigkeit. Wenn man schon beim ersten Lüfterl, wo es um Kundenorientierung geht, einknickt, wird man es wohl nie schaffen, der Online-Welt tatsächlich die Stirn bieten zu können.

Die Kunden sitzen am längeren Ast. Und ihre Erwartungen steigen. Das verlangt, dass Kundenorientierung nicht nur als Konzept aufgeschrieben und als Werbeargument eingesetzt wird, weil man weiß, dass es gut klingt und heute erwartet wird.

Sie muss auch gelebt werden. Nur dann kann sie ein Erfolgskonzept werden.


Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 30. Jänner 2020

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