Montag, 29. November 2021

Neue Regeln für die Biobauern

Allein biologisch zu wirtschaften reicht für die Biobauern künftig nicht mehr. Wie konventionelle Bauern auch müssen sie sich zur Einhaltung von Maßnahmen verpflichten. Das sorgt für Streit.

Hans Gmeiner 

Salzburg. In Dutzenden Expertengruppen, zahllosen Fachgesprächen und drei breit angelegten Dialogveranstaltungen wurde in den vergangenen eineinhalb Jahren der sogenannte Nationale GAP-Strategieplan erarbeitet. Er wird die Grundlage für die Umsetzung der EU-Agrarreform in Österreich ab 2023 sein. Bis Ende des Jahres muss der Plan in Brüssel zur Genehmigung vorgelegt werden. Auf der Zielgeraden spießt es sich. Ganz abgesehen davon, dass die Höhe der Prämien noch nicht feststeht, sind neben Nichtregierungsorganisationen und Kleinbauernverbänden vor allem die Biobauern unzufrieden.

Nach langem Drängen und mit Unterstützung der EU-Kommission im Rücken haben sie zwar die gewünschte eigene Bio-Basismaßnahme durchgesetzt. Nun geht es noch ums Geld. „Wir sehen beim derzeitigen Planungsstand noch Nachbesserungsbedarf“, heißt es von Bio Austria, dem größten heimischen Biobauernverband. „Derzeit wäre es so, dass die Biobauern deutlich mehr Auflagen einhalten müssen, gleichzeitig aber die Prämie niedriger ausfallen würde als im aktuellen Umweltprogramm.“

Das Verhältnis zwischen Landwirtschaftsministerium und Biobauern ist seit Monaten angespannt. Erst Ende Oktober versuchte Bio Austria Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger mit einer Protest-E-Mail-Aktion unter Druck zu setzen. Die Biobauern konnten sich von Anfang an nicht damit anfreunden, dass der Grundsatz „Green by Definition“ nicht mehr gelten soll. Das bedeutet, eine Bioprämie soll es nicht mehr allein dafür geben, dass man biologisch wirtschaftet. Wie von konventionell wirtschaftenden Landwirten auch soll nun auch von den Biobauern die Einhaltung entsprechender Auflagen als Gegenleistung für Ausgleichszahlungen verlangt werden.

Nach zahllosen Gesprächen einigte man sich daher im September dann doch auf die sogenannte Bio-Basismaßnahme. Sie ist nichts anderes als die Zusammenfassung von Einzelmaßnahmen. Biobauern müssen sich dabei verpflichten, sieben Prozent ihrer Flächen als Biodiversitätsflächen aus der Produktion zu nehmen, ertragssteigernde Mittel zu beschränken und die EU-Bioverordnung einzuhalten. Zudem gibt es, wie für konventionelle Bauern auch, ein Umbruchverbot für Grünland und Auflagen für die Fruchtfolge. Zusammen mit einem Managementzuschlag gibt es für diese Biomaßnahme für Ackerbaubetriebe eine Prämie von 205 und für Grünlandbetriebe von 215 Euro pro Hektar. Das sind 15 Euro weniger als die bisherige Bioprämie. „Die Basisprämie ist zwar im Vergleich zur jetzigen Periode geringer, weil Mehreinnahmen durch höhere Produktpreise für Bio berücksichtigt werden müssen“, heißt es aus dem Ministerium. „Allerdings gibt es sehr viele Zusatzmodule, wodurch die Betriebe eine höhere Prämie als bisher erhalten können.“

Die Biobauern wollen das nicht glauben und sehen ihre Einkommen nicht nur durch die niedrigere Prämie geschmälert. Sie führen etwa auch den Wegfall der Biodiversitätsflächen, die nun auch sie anlegen müssen, für die Produktion ins Treffen. „Im modularen Angebot wählen zu können klingt gut, in der Realität sind die Möglichkeiten aber für viele Biobauern sehr beschränkt“, sagt etwa Alfons Piatti, einer der Väter des heimischen Biolandbaus. Er hält das Angebot für zu wenig ambitioniert und wünscht sich Zeichen zur Weiterentwicklung des Biolandbaus. „Der Verzicht auf Zukaufsdünger wäre so etwas“, sagt er. „Der Zugang des Ministeriums zu dieser Idee ist aber eher verhalten, obwohl Humusaufbau und Kreislaufwirtschaft seit Jahren außer Streit stehen.“

Manche Gruppen unter den Biobauern befürchten gar Einnahmeneinbußen von bis zu 40 Prozent. Das erzürnt Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger. Bei der letzten Stakeholder-Tagung in der Vorwoche wies sie solche Rechnungen „aufs Schärfste zurück, das entspricht überhaupt nicht den Tatsachen“. Ihr fehle „jedes Verständnis, warum hier von einzelnen Verbänden versucht wird, die Landwirtschaft aufzuwiegeln“. Im Ministerium geht man davon aus, dass für einen Biobetrieb, der gut wirtschaftet, unterm Strich mehr Geld herausschauen wird. „Aus unserer Sicht haben die Biobauern nichts zu befürchten“, heißt es. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Die Biobauern setzen nun auf noch ausstehende abschließende Verhandlungen auf Regierungsebene.

Salzburger Nachrichten, Wirtschaft - 29. November 2021

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