Die Agrarreform steht. Österreichs Bauern bringt das deutlich weniger Förderungen. Auch die Teilnahme an Umweltprogrammen kann das meist nicht ausgleichen.
Hans GmeinerEnde November hatte das Europäische Parlament die EU-Agrarreform abgesegnet. Am Mittwoch wurde nun auch vorgestellt, wie man die gemeinsame Agrarpolitik ab 2023 in Österreich umsetzen will. Das Paket bringt viel von dem, was oft schon seit Jahren gefordert wurde. Dazu gehören die Einführung einer Förderobergrenze bei 100.000 Euro, die Förderung für Kleinbetriebe, eine Stärkung der Biolandwirtschaft und der Almwirtschaft, Geld für Tierwohl und eine Verlagerung der Fördermittel hin zu Umweltmaßnahmen. „Das Programm kann sich sehen lassen“, betonte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP).
Ob das freilich auch die Bauern so sehen, muss sich erst weisen. Derweilen sind sie skeptisch. Nicht nur, dass die Förderung in Richtung Extensivierung weist, sondern die allermeisten von ihnen müssen in den kommenden Jahren auch mit zum Teil deutlich weniger Förderungen auskommen. Die Kürzungen treffen praktisch alle Betriebskategorien, gleich ob groß oder klein, ob Körndl- oder Hörndlbauer, ob bio oder konventionell oder ob Bergbauer in Salzburg oder Ackerbauer im Weinviertel.
Der Hauptgrund dafür: Statt wie bisher knapp 300 Euro pro Hektar, die aus den Brüsseler Kassen an die Bauernhöfe gingen, gibt es in Zukunft für alle einheitlich nur mehr 215 Euro, fast ein Drittel weniger als bisher. Selbst für Betriebe mit durchschnittlichen Betriebsgrößen zwischen 40 und 60 Hektar kommen da schnell Einbußen in der Größenordnung von 4000 Euro und mehr zusammen.
Für Bauern verwunderlich ist, dass sowohl Köstinger als auch die grüne Agrarsprecherin Olga Voglauer bei der Präsentation der Pläne, die noch der EU-Kommission zur Genehmigung vorgelegt werden müssen, die Umverteilung von Mittel- zu Kleinbetrieben als Erfolg darstellten. Für die ersten 20 Hektar gibt es einen Zuschlag von 46 Euro pro Hektar, für 20 bis 40 Hektar beträgt der Zuschlag 23 Euro pro Hektar – täuschen sollte man sich davon freilich nicht lassen. Denn selbst diese Betriebe müssen in Zukunft mit deutlich geringeren Förderungen pro Hektar auskommen. Statt der bisher knapp 300 Euro gibt es etwa für Betriebe bis 20 Hektar in Zukunft nur 215 Euro pro Hektar. Mit dem Zuschlag von 46 Euro macht das also in Summe 261 Euro pro Hektar – um knapp 40 Euro weniger als bisher. Bei einem Vierzig-Hektar-Betrieb beträgt die Einbuße sogar knapp 50 Euro pro Hektar.
Auf dem Papier sollen die Verluste, so das Konzept der Agrarreform, durch eine verstärkte Teilnahme an den geförderten Maßnahmen im Umweltprogramm ausgeglichen werden – die Bauern sollen sich also die bei den Direktzahlungen verlorenen Fördergelder über die Verpflichtung zu Umweltmaßnahmen holen. Ob das in der Praxis funktionieren wird, wird in bäuerlichen Kreisen bezweifelt. Berechnungen anhand von konkreten Betriebsbeispielen zeigen, dass die Einbußen bei den Direktzahlungen kaum ausgeglichen werden können. Weder beim Ackerbauern mit 40 noch bei jenem mit 70 Hektar, auch nicht beim durchschnittlichen Schweinemäster mit 200 Mastplätzen, beim Milchviehbetrieb mit 40 Kühen noch beim Bio-Mutterkuhhalter mit 19 Stück Vieh und auch nicht beim 13 Hektar kleinen Acker-Grünlandbetrieb, der extensiv geführt wird. Überall bleibt ein Minus, auch wenn die Bauern eifrig die Angebote des Umweltprogramms nutzen. Es kann zwei Prozent betragen, aber auch 18 und mehr.
Ein Plus hingegen gibt es allenfalls bei jenen Bauern, die neu in eines der Programme einsteigen. Gewinner werden aus heutiger Sicht Bauern sein, die sich etwa neu auf Grundwasserschutz im Acker verpflichten. Das Gebiet dafür wurde vor allem in Oberösterreich und im Weinviertel stark erweitert. Zu Gewinnern werden diesen Berechnungen zufolge auch Biomilcherzeuger zählen, die sich für Tierwohlmaßnahmen entscheiden, und Bioschweineerzeuger.
Die Skepsis der Bauern macht nicht nur der Standesvertretung, sondern auch den Verarbeitern agrarischer Produkte schon jetzt Sorgen. Die Standesvertreter befürchten, dass vor allem Bauern in den Hauptproduktionsgebieten in Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark aus den Umweltprogrammen aussteigen, weil sie sich zu sehr eingeschränkt sehen. Die derzeit guten Preise auf den Agrarmärkten könnten viele dazu verführen, stattdessen die Produktion zu intensivieren. Das beobachten auch Fleisch- und Milchverarbeiter mit Sorge. Sie fürchten dann Schwierigkeiten auf dem für Österreich extrem wichtigen deutschen Markt, wo im Handel Themen wie Tierhaltung immer bedeutender werden. „Viele Bauern wollen das nicht hören“, sagen schon jetzt Berater. „Wir müssen ihnen klarmachen, dass die Teilnahme an Umweltprogrammen eine Investition in die Zukunft ist, auch wenn sie bei einem Ausstieg kurzfristig mehr sehen.“
Das ist wohl auch als ein Zeichen dafür zu sehen, dass man auf vielen heimischen Bauernhöfen und in der Agrarpolitik an einer Wegkreuzung angelangt ist. Knapp 1,8 Mrd. Euro fließen von 2023 bis 2027 jährlich in die heimische Landwirtschaft. Auf dem Papier kann man seit Jahren eine Verringerung der Mittel vermeiden. Das kann freilich zu falschen Schlüssen führen. Denn real zu Preisen des Jahres 2000 entspricht das nicht viel mehr als 1,1 Mrd. Euro, mit denen die Bauern mehr als 20 Jahre später das Auslangen finden müssen.
Ob das freilich auch die Bauern so sehen, muss sich erst weisen. Derweilen sind sie skeptisch. Nicht nur, dass die Förderung in Richtung Extensivierung weist, sondern die allermeisten von ihnen müssen in den kommenden Jahren auch mit zum Teil deutlich weniger Förderungen auskommen. Die Kürzungen treffen praktisch alle Betriebskategorien, gleich ob groß oder klein, ob Körndl- oder Hörndlbauer, ob bio oder konventionell oder ob Bergbauer in Salzburg oder Ackerbauer im Weinviertel.
Der Hauptgrund dafür: Statt wie bisher knapp 300 Euro pro Hektar, die aus den Brüsseler Kassen an die Bauernhöfe gingen, gibt es in Zukunft für alle einheitlich nur mehr 215 Euro, fast ein Drittel weniger als bisher. Selbst für Betriebe mit durchschnittlichen Betriebsgrößen zwischen 40 und 60 Hektar kommen da schnell Einbußen in der Größenordnung von 4000 Euro und mehr zusammen.
Für Bauern verwunderlich ist, dass sowohl Köstinger als auch die grüne Agrarsprecherin Olga Voglauer bei der Präsentation der Pläne, die noch der EU-Kommission zur Genehmigung vorgelegt werden müssen, die Umverteilung von Mittel- zu Kleinbetrieben als Erfolg darstellten. Für die ersten 20 Hektar gibt es einen Zuschlag von 46 Euro pro Hektar, für 20 bis 40 Hektar beträgt der Zuschlag 23 Euro pro Hektar – täuschen sollte man sich davon freilich nicht lassen. Denn selbst diese Betriebe müssen in Zukunft mit deutlich geringeren Förderungen pro Hektar auskommen. Statt der bisher knapp 300 Euro gibt es etwa für Betriebe bis 20 Hektar in Zukunft nur 215 Euro pro Hektar. Mit dem Zuschlag von 46 Euro macht das also in Summe 261 Euro pro Hektar – um knapp 40 Euro weniger als bisher. Bei einem Vierzig-Hektar-Betrieb beträgt die Einbuße sogar knapp 50 Euro pro Hektar.
Auf dem Papier sollen die Verluste, so das Konzept der Agrarreform, durch eine verstärkte Teilnahme an den geförderten Maßnahmen im Umweltprogramm ausgeglichen werden – die Bauern sollen sich also die bei den Direktzahlungen verlorenen Fördergelder über die Verpflichtung zu Umweltmaßnahmen holen. Ob das in der Praxis funktionieren wird, wird in bäuerlichen Kreisen bezweifelt. Berechnungen anhand von konkreten Betriebsbeispielen zeigen, dass die Einbußen bei den Direktzahlungen kaum ausgeglichen werden können. Weder beim Ackerbauern mit 40 noch bei jenem mit 70 Hektar, auch nicht beim durchschnittlichen Schweinemäster mit 200 Mastplätzen, beim Milchviehbetrieb mit 40 Kühen noch beim Bio-Mutterkuhhalter mit 19 Stück Vieh und auch nicht beim 13 Hektar kleinen Acker-Grünlandbetrieb, der extensiv geführt wird. Überall bleibt ein Minus, auch wenn die Bauern eifrig die Angebote des Umweltprogramms nutzen. Es kann zwei Prozent betragen, aber auch 18 und mehr.
Ein Plus hingegen gibt es allenfalls bei jenen Bauern, die neu in eines der Programme einsteigen. Gewinner werden aus heutiger Sicht Bauern sein, die sich etwa neu auf Grundwasserschutz im Acker verpflichten. Das Gebiet dafür wurde vor allem in Oberösterreich und im Weinviertel stark erweitert. Zu Gewinnern werden diesen Berechnungen zufolge auch Biomilcherzeuger zählen, die sich für Tierwohlmaßnahmen entscheiden, und Bioschweineerzeuger.
Die Skepsis der Bauern macht nicht nur der Standesvertretung, sondern auch den Verarbeitern agrarischer Produkte schon jetzt Sorgen. Die Standesvertreter befürchten, dass vor allem Bauern in den Hauptproduktionsgebieten in Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark aus den Umweltprogrammen aussteigen, weil sie sich zu sehr eingeschränkt sehen. Die derzeit guten Preise auf den Agrarmärkten könnten viele dazu verführen, stattdessen die Produktion zu intensivieren. Das beobachten auch Fleisch- und Milchverarbeiter mit Sorge. Sie fürchten dann Schwierigkeiten auf dem für Österreich extrem wichtigen deutschen Markt, wo im Handel Themen wie Tierhaltung immer bedeutender werden. „Viele Bauern wollen das nicht hören“, sagen schon jetzt Berater. „Wir müssen ihnen klarmachen, dass die Teilnahme an Umweltprogrammen eine Investition in die Zukunft ist, auch wenn sie bei einem Ausstieg kurzfristig mehr sehen.“
Das ist wohl auch als ein Zeichen dafür zu sehen, dass man auf vielen heimischen Bauernhöfen und in der Agrarpolitik an einer Wegkreuzung angelangt ist. Knapp 1,8 Mrd. Euro fließen von 2023 bis 2027 jährlich in die heimische Landwirtschaft. Auf dem Papier kann man seit Jahren eine Verringerung der Mittel vermeiden. Das kann freilich zu falschen Schlüssen führen. Denn real zu Preisen des Jahres 2000 entspricht das nicht viel mehr als 1,1 Mrd. Euro, mit denen die Bauern mehr als 20 Jahre später das Auslangen finden müssen.
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 23. Dezember 2021
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