Der Green Deal wird nicht nur die Landwirtschaft stark verändern. Auch die Verbraucher müssen sich wohl auf höhere Preise einstellen.
Hans GmeinerSalzburg. Farm to Fork, vom Bauernhof bis zum Tisch, heißt die Strategie, mit der die EU bis 2030 die Umweltziele des Green Deals von der Landwirtschaft entlang der gesamten Lebensmittelkette bis zum Konsumenten umsetzen will. Obwohl es noch nicht mehr als grobe Ziele gibt, sorgt das bei den Bauern schon jetzt für viel Unbehagen.
Wie sie bei einer Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes um 50 Prozent, des Einsatzes von Düngemitteln um 20 Prozent und der Stilllegung von 10 Prozent der Flächen wirtschaftlich zurechtkommen sollen, können sich die wenigsten vorstellen. Sie befürchten, dass sie zu den Opfern der EU-Umweltpläne werden könnten, während sich Farmer in anderen Teilen der Welt wegen der neuen Absatzchancen in Europa schon jetzt die Hände reiben können.
Studien geben ihnen zum Teil recht. Ausgerechnet das US-Landwirtschaftsministerium errechnete, dass die landwirtschaftlichen Einkommen der europäischen Bauern deutlich zurückgehen, während anderswo Produktion, Agrarpreise und Agrareinkommen steigen. Die Produktion der EU-Landwirtschaft soll der Studie zufolge nicht nur wegen des Verzichts auf Chemie und Dünger, sondern auch wegen des Ausbaus der Biolandwirtschaft, die geringere Erträge liefert, und wegen der geplanten Flächenstilllegungen um bis zu zwölf Prozent sinken und die Wettbewerbsfähigkeit drastisch zurückgehen.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie der Universität Wageningen in den Niederlanden. Dort geht man davon aus, dass die landwirtschaftliche Produktion im Durchschnitt zwischen 10 und 20 Prozent sinken werde. Einen „signifikanten“ Produktionsrückgang erwarten auch deutsche Forscher der Universität Kiel und von EuroCare in Bonn. Die Rindfleischproduktion soll demnach um 20 Prozent, die Erzeugung von Milch um 6,3 Prozent und die Getreide-und Ölsaatenproduktion um rund 20 Prozent zurückgehen. Die Zahl der Mastrinder werde um 45 Prozent sinken, jene der Milchkühe um 13 Prozent. Selbst das Joint Research Center der EU-Kommission kommt zu dem Schluss, dass die Produktion von Getreide und Ölsaaten um 15 Prozent sinken werde.
Einig sind sich die Wissenschafter auch darin, dass Europa seine Position auf den internationalen Lebensmittelmärkten schwächen und deutlich stärker als bisher von Importen abhängig würde. Es wird erwartet, dass sich die Handelsströme neu ordnen. Von einem Nettoexporteur würde die EU vor allem bei Getreide und Rindfleisch zu einem Nettoimporteur werden. Bei Schweinefleisch und Milch würden die Nettoexporte deutlich zurückgehen und bei Ölsaaten sowie Obst und Gemüse die Nettoimporte deutlich ansteigen.
Es gibt aber noch eine zweite Seite, die über die Landwirtschaft hinausgeht. Wissenschafter des Karlsruher Instituts für Technologie nennen den Green Deal einen „schlechten Deal für den Planeten“. Nicht nur sie warnen davor, dass mit dem zu erwartenden Anstieg der Importe die Umweltbelastungen und -schäden, die man in Europa vermeiden will, in andere Kontinente verlagert werden. Die Universität Kiel hat errechnet, dass die Umsetzung der Farm-to-Fork-Strategie zusätzliche Treibhausgasemissionen von mehr als 50 Mill. Tonnen CO2-Äquivalent in der Landwirtschaft in Nicht-EU-Ländern bedeutet. Unterm Strich sei die Strategie nicht klimawirksam, schließt man daraus.
Die Universität von Wageningen hat zudem eine beträchtliche Änderung der Landnutzung errechnet. Außerhalb der EU würden demnach direkt und indirekt insgesamt fast acht Millionen Hektar zusätzlich benötigt, um die Flächenstilllegungen und Produktionsrückgänge in der EU zu kompensieren.
Auch das Preisgefüge wird sich verschieben. Einig sind sich die Studien darin, dass die Umsetzung des Green Deals eine deutliche Verteuerung der Agrarprodukte und in der Folge auch der Lebensmittel für die Konsumenten bringen wird. So gehen die Kieler Wissenschafter davon aus, dass Rindfleisch um 60 Prozent, Schweinefleisch um 50 Prozent und Rohmilch um 30 Prozent teurer werden könnten. Bei Obst, Gemüse, Ölsaaten und Getreide erwartet man Preiserhöhungen zwischen 10 und 20 Prozent. Die Endverbraucher kann das teuer zu stehen kommen. Auf insgesamt bis zu 70 Milliarden Euro wird der Verlust an Wohlfahrt für die Konsumenten geschätzt. Das sind durchschnittlich 157 Euro pro Kopf in der EU.
Darüber, wie sich die Farm-to-Fork-Vorgaben auf die Brieftaschen der Bauern auswirken werden, gehen die Meinungen der Wissenschafter hingegen auseinander. Während das US-Landwirtschaftsministerium den europäischen Bauern ein Einkommensminus von 16 Prozent vorhersagt, hält man an der Uni Wageningen in manchen bäuerlichen Produktionssparten wie in der Schweine- und Geflügelmast Einkommenszuwächse für möglich. Die Milch- und Rindfleischerzeuger müssen demnach aber mit Einbußen rechnen. Die Uni Kiel und das EuroCare Bonn sind da deutlich optimistischer. Wegen der höheren Produktpreise rechnet man dort damit, dass die Einkommen der Landwirte in der EU um 35 Milliarden Euro steigen werden. Anders als in Wageningen prognostiziert man Bauern in Ländern mit hohem Anteil an tierischer Produktion deutliche Zuwächse. Im EU-Durchschnitt soll das Einkommensplus 156 Euro je Hektar ausmachen, für Österreichs Bauern sagt man ein Plus von 189 Euro je Hektar voraus.
Wie sie bei einer Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes um 50 Prozent, des Einsatzes von Düngemitteln um 20 Prozent und der Stilllegung von 10 Prozent der Flächen wirtschaftlich zurechtkommen sollen, können sich die wenigsten vorstellen. Sie befürchten, dass sie zu den Opfern der EU-Umweltpläne werden könnten, während sich Farmer in anderen Teilen der Welt wegen der neuen Absatzchancen in Europa schon jetzt die Hände reiben können.
Studien geben ihnen zum Teil recht. Ausgerechnet das US-Landwirtschaftsministerium errechnete, dass die landwirtschaftlichen Einkommen der europäischen Bauern deutlich zurückgehen, während anderswo Produktion, Agrarpreise und Agrareinkommen steigen. Die Produktion der EU-Landwirtschaft soll der Studie zufolge nicht nur wegen des Verzichts auf Chemie und Dünger, sondern auch wegen des Ausbaus der Biolandwirtschaft, die geringere Erträge liefert, und wegen der geplanten Flächenstilllegungen um bis zu zwölf Prozent sinken und die Wettbewerbsfähigkeit drastisch zurückgehen.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie der Universität Wageningen in den Niederlanden. Dort geht man davon aus, dass die landwirtschaftliche Produktion im Durchschnitt zwischen 10 und 20 Prozent sinken werde. Einen „signifikanten“ Produktionsrückgang erwarten auch deutsche Forscher der Universität Kiel und von EuroCare in Bonn. Die Rindfleischproduktion soll demnach um 20 Prozent, die Erzeugung von Milch um 6,3 Prozent und die Getreide-und Ölsaatenproduktion um rund 20 Prozent zurückgehen. Die Zahl der Mastrinder werde um 45 Prozent sinken, jene der Milchkühe um 13 Prozent. Selbst das Joint Research Center der EU-Kommission kommt zu dem Schluss, dass die Produktion von Getreide und Ölsaaten um 15 Prozent sinken werde.
Einig sind sich die Wissenschafter auch darin, dass Europa seine Position auf den internationalen Lebensmittelmärkten schwächen und deutlich stärker als bisher von Importen abhängig würde. Es wird erwartet, dass sich die Handelsströme neu ordnen. Von einem Nettoexporteur würde die EU vor allem bei Getreide und Rindfleisch zu einem Nettoimporteur werden. Bei Schweinefleisch und Milch würden die Nettoexporte deutlich zurückgehen und bei Ölsaaten sowie Obst und Gemüse die Nettoimporte deutlich ansteigen.
Es gibt aber noch eine zweite Seite, die über die Landwirtschaft hinausgeht. Wissenschafter des Karlsruher Instituts für Technologie nennen den Green Deal einen „schlechten Deal für den Planeten“. Nicht nur sie warnen davor, dass mit dem zu erwartenden Anstieg der Importe die Umweltbelastungen und -schäden, die man in Europa vermeiden will, in andere Kontinente verlagert werden. Die Universität Kiel hat errechnet, dass die Umsetzung der Farm-to-Fork-Strategie zusätzliche Treibhausgasemissionen von mehr als 50 Mill. Tonnen CO2-Äquivalent in der Landwirtschaft in Nicht-EU-Ländern bedeutet. Unterm Strich sei die Strategie nicht klimawirksam, schließt man daraus.
Die Universität von Wageningen hat zudem eine beträchtliche Änderung der Landnutzung errechnet. Außerhalb der EU würden demnach direkt und indirekt insgesamt fast acht Millionen Hektar zusätzlich benötigt, um die Flächenstilllegungen und Produktionsrückgänge in der EU zu kompensieren.
Auch das Preisgefüge wird sich verschieben. Einig sind sich die Studien darin, dass die Umsetzung des Green Deals eine deutliche Verteuerung der Agrarprodukte und in der Folge auch der Lebensmittel für die Konsumenten bringen wird. So gehen die Kieler Wissenschafter davon aus, dass Rindfleisch um 60 Prozent, Schweinefleisch um 50 Prozent und Rohmilch um 30 Prozent teurer werden könnten. Bei Obst, Gemüse, Ölsaaten und Getreide erwartet man Preiserhöhungen zwischen 10 und 20 Prozent. Die Endverbraucher kann das teuer zu stehen kommen. Auf insgesamt bis zu 70 Milliarden Euro wird der Verlust an Wohlfahrt für die Konsumenten geschätzt. Das sind durchschnittlich 157 Euro pro Kopf in der EU.
Darüber, wie sich die Farm-to-Fork-Vorgaben auf die Brieftaschen der Bauern auswirken werden, gehen die Meinungen der Wissenschafter hingegen auseinander. Während das US-Landwirtschaftsministerium den europäischen Bauern ein Einkommensminus von 16 Prozent vorhersagt, hält man an der Uni Wageningen in manchen bäuerlichen Produktionssparten wie in der Schweine- und Geflügelmast Einkommenszuwächse für möglich. Die Milch- und Rindfleischerzeuger müssen demnach aber mit Einbußen rechnen. Die Uni Kiel und das EuroCare Bonn sind da deutlich optimistischer. Wegen der höheren Produktpreise rechnet man dort damit, dass die Einkommen der Landwirte in der EU um 35 Milliarden Euro steigen werden. Anders als in Wageningen prognostiziert man Bauern in Ländern mit hohem Anteil an tierischer Produktion deutliche Zuwächse. Im EU-Durchschnitt soll das Einkommensplus 156 Euro je Hektar ausmachen, für Österreichs Bauern sagt man ein Plus von 189 Euro je Hektar voraus.
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 19. Februar 2022
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