Donnerstag, 2. Februar 2023

Populistische Spiele mit dem Klimawandel

Es hat Jahrzehnte gedauert, bis das Thema Klimaschutz aus seiner ideologiebefrachteten Ecke heraus- und in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Um das Thema kümmern sich heute nicht nur Grünbewegte und linke Studenten. In weiten Teilen der Gesellschaft ist anerkannt, dass wir etwas tun müssen gegen Klimawandel und Erderwärmung. Doch das Bild scheint zu trügen. Unübersehbar ist inzwischen, dass sich wieder Ideologien der Diskussion bemächtigten und manche Parteien und Politiker dabei sind, durch Herunterspielen und gar Leugnung des Klimawandels dem hemmungslosen Populismus ein neues Feld zu eröffnen - auf der linken wie auf der rechten Seite des politischen Spektrums.

Von der linken Seite her tönen wieder radikale Töne mit klassenkämpferischem Zungenschlag, wie man sie lange nicht mehr gehört hatte. "Menschen, die sich mit der Klimafrage beschäftigen, stellen irgendwann auch die kapitalistische Wirtschaftsweise infrage", sagt etwa Luisa Neubauer, der Kopf der "Friday for future"-Bewegung in Deutschland. Liberale Kommentatoren wie Christian Ortner schlagen längst Alarm und sehen hinter Forderungen wie Tempo 100 oder höhere Ökosteuern weniger ökologische, sondern viel eher radikale politische Ziele. "Es geht nicht ums Klima, es geht um den verhassten Kapitalismus", befindet er in einem Kommentar in der "Presse" und aus seiner Leserpost zitiert: "Du bist doch nur ein bezahlter Speichellecker der Kapitalisten und Neoliberalen! Menschen wie du werden es in der neuen Ökosozialistischen Ordnung sehr schwer haben!" Ob dieser Ton und die radikalen Forderungen und Slogans der Sache dienen, ist in Frage zu stellen. Eher tragen sie wohl zu einer Verhärtung der Fronten bei, anstatt zum Verständnis für das Thema.

Auf der anderen Seite des politischen Spektrums hat der unselige US-Präsident Donald Trump seinerzeit mit dem Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimavertrag die Schleusen geöffnet. Viele, die die Notwendigkeit von Klimaschutzmaßnahmen anzweifelten, sahen sich dadurch bestätigt und ließen ihre Hemmungen fallen. Schnell wurde der Ton rauer und die Bereitschaft, wirksam gegen den Klimawandel etwas zu unternehmen, weniger. Greta Thunberg als "Klimagretel" zu beschimpfen, wurde in diesen Kreisen genauso schnell üblich, wie die Empfehlung an alle, die an Klimademos teilnahmen oder sich gar an Straßen klebten, sich doch eine Arbeit zu suchen.

Nun lässt auch die Politik, die sich lange aus Kalkül hinter hohlen Stehsätzen zum Thema Klimaschutz verschanzt hat, um sich nicht zu vertun, immer öfter die Hemmungen fallen. Immer öfter wird Kritik an der Klimapolitik und den Klimamaßnahmen zum Programm. Typisch dafür ist in Österreich, wie könnte es anders sein, die FPÖ. Wenn ihr Obmann Herbert Kickl die Klimakleber "Klimaterroristen" nennt, ist er sich des Beifalls seiner Klientel genauso sicher, wie wenn er immer wieder von einer "völlig überbordenden Klimapolitik" spricht. Mit seiner Linie, es als richtig zu bezeichnen, auf nachhaltige Energiequellen umzusteigen, aber die Umsetzung mit der Gefährdung von Wohlstand und Arbeitsplätzen in Verbindung zu bringen, trifft er genau die Ängste vieler Österreicherinnen und Österreicher. Das ist Wachs in den Händen eines populistischen Politikers wie Kickl. Damit kann man Stimmen machen, zumal dann, wenn man, wie er hinzufügt: "Der Klimawandel darf niemals ein anerkannter Asylgrund werden."

Diese Art von Populismus setzt alle ernsthaften Bemühungen um den Schutz des Klimas unter Druck, weil er es erschwert, wirksame Maßnahmen politisch umzusetzen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil, wie auch bei Corona, Zweifel an der Wissenschaft und an der grundsätzlichen Notwendigkeit bedient und verstärkt werden.

Die Klimapolitik befindet sich in einer heiklen Phase. In vielen Bereichen der Gesellschaft und vor allem der Wirtschaft werden festgelegte Ziele und geplante Maßnahmen nicht verstanden. Für viele sind sie oft nicht nachvollziehbar, für viele kontraproduktiv. Überzogene Forderungen verbittern etwa auch gutwillige Bauern und die Industrie, zumal sie das Gefühl haben nicht gehört zu werden. Das macht die Fronten beständig härter.

Dabei sollte es darum gehen, gemeinsam auf die Ziele zuzugehen und die Herausforderungen zu lösen. Das ist von der Politik gefordert und von allen die mitreden, wie die NGOs. Und nichts sonst.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 2. Februar 2023

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