Mittwoch, 7. Juni 2023

Mehr Überheblichkeit geht nicht

Der junge Biobauer aus dem Oberösterreichischen gefiel sich offenbar sehr, als ihn ein Redakteur der größten Tageszeitung im Land interviewte. „Ich möchte den nachfolgenden Generationen einen gesunden, lebendigen Boden weitergeben, kein ausgebeutetes Wrack“ diktierte er ihm in den Notizblock. Ganz so, als ob die konventionell erzeugenden Bauern anderes im Sinn hätten. Als ob nicht auch sie in Fruchtfolgen arbeiten und auf ihre Böden schauen und auf das Bodenleben und dass auch für die die Natur der Maßstab ihres Wirtschaftens ist.

Er wolle dem Boden nicht länger die Nährstoffe entziehen, legte der junge Biobauer in den Interview nach. Und obendrauf sagte er dann noch mit dem Brustton der Überzeugung, die Spatenprobe zeige den Unterschied zu konventionelle bewirtschafteten Böden: „Wenn man sich die Bodenstruktur anschaut, sind das zwei Welten“. Auf den anderen Feldern sei teilwiese „toter Boden“.

Mehr Überheblichkeit geht nicht.

Er ist nicht der erste Biobauer, der glaubt, sich auf billige Weise über die konventionell wirtschaftenden Kollegen erheben und auf ihrem Rücken profilieren zu müssen, der jede Wertschätzung für die Arbeit seiner Standeskollegen vermissen lässt und seine Geringschätzung zur Haltung macht. Und er wird wohl nicht der letzte Biobauer sein, der sich für den besseren Bauern hält und der nicht sieht, wie sich auch die konventionelle Landwirtschaft durchaus erfolgreich bemüht und abmüht im Rahmen all der Vorschriften und Auflagen, die heute für eine nachhaltige Landwirtschaft verlangt werden, sondern nur abschätzige Bemerklungen für sie übrighat, die jeder Grundlage entbehren.

Was wie immer ist die Frage, die in solchen Fällen bleibt – warum brauchen Bauern das? Warum müssen sie andere schlecht machen, um besser da zu stehen? Warum denkt man sich nichts dabei andere anzupatzen? Und warum lässt man jeden Respekt und jede Wertschätzung vermissen? Warum, und das vor allem, lässt man sich ohne Not, bloß um der Schlagzeile Willen instrumentalisieren?

Ja, die konventionell erzeugenden Bauern sind auch oft nicht anders. Legion sind die Hänseleien über Biobauern. Und häufig der Verweis auf die eigene Wichtigkeit für die Versorgung bei der ebenfalls Geringschätzung mitschwingt für die, die nach anderen Methoden ihre Felder und Ställe bewirtschaften.

Die Gräben sind mitunter immer noch groß. Warum sie es sind, ist auch nach Jahrzehnten des Nebeneinanders von konventioneller und biologischer Landwirtschaft in Österreich eigentlich nicht nachvollziehbar. Die Bauern, die österreichische Landwirtschaft insgesamt, können sich das in Wahrheit nicht leisten. Und sie haben es auch nicht nötig.

Beide Produktionsweisen haben durchaus genug für sich, um darauf stolz zu sein und sich dazu zu bekennen. Da ist nirgendwo ein Grund, die andere Seite schlecht zu machen und herabzuwürdigen. Beide Seiten können lernen voneinander.

Darum - Schluss mit diesem Lagerdenken und all diesen Gehässigkeiten, die damit oft einhergehen. Keiner ist besser als der andere. Eher sind alle gut. Da wie dort.

Gmeiner-meint, Blick ins Land, Juni 2023 


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