Freitag, 14. Juli 2023

Europas Bauern werden an Boden verlieren

Klimawandel und Bodenverbrauch lassen die Erträge sinken. Russland und China gewinnen.

Wien. Klimawandel und Bodenverbrauch werden nicht nur in Österreich die Landwirtschaft verändern und gerade im trockenen Osten des Landes die Bodenfruchtbarkeit senken. Auch international würden sich die Agrarmärkte wandeln, sagt Martin Gerzabek, Bodenexperte an der Wiener Universität für Bodenkultur.

Für Österreich rechnete die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) schon vor Jahren vor, dass landesweit die Erträge bis 2050 um fast 20 Prozent sinken werden. In Ostösterreich, einem der wichtigsten Anbaugebiete, soll die Bodenfruchtbarkeit sogar um 48 Prozent, also fast die Hälfte, zurückgehen. Europaweit wird ein Minus von 15 Prozent erwartet. Ganz anders sei die Situation in Russland oder China. Wegen der durch den Klimawandel auftauenden Permafrostböden könnte Russland seine nutzbare Bodenfläche bis zum Jahr 2065 um 50 Prozent ausweiten, China um 30 Prozent. „Man möge sich überlegen, wer dann das Sagen haben wird“, lautet Gerzabeks rhetorische Frage. Ein Land wie Österreich müsse darauf vorbereitet sein, auch in Krisenfällen die Menschen zumindest mit Grundnahrungsmitteln versorgen zu können, mahnt der Bodenexperte. Nicht nur die Politik sei hier gefordert. Denn obwohl seit 20 Jahren davon geredet wird, den Bodenverbrauch auf 2,5 Hektar pro Tag zu senken, werden weiter jeden Tag mehr als elf Hektar verbaut.

Auch der Landwirtschaft stellt Gerzabek keinen Freibrief aus. „Angesichts des Klimawandels muss uns klar sein, dass wir in den nächsten Jahrzehnten die Landwirtschaft neu denken müssen.“ Nachsatz: „Wir können es uns nicht leisten, den Verlust der Ertragsfähigkeit im Osten und Südosten Österreichs einfach hinzunehmen.“ 

Salzburger Nachrichten - Seite 1, 14. Juli 2023


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