Mittwoch, 18. Dezember 2024

Bauern naschen am Weihnachtsgeschäft mit

Gansl, Fisch und Geschenkboxen sind gefragt. Gepunktet wird auch mit Neuem, von Tofu bis Garnelen. Für Bäuerinnen und Bauern wird Direktvermarktung immer wichtiger.

Hans Gmeiner

Salzburg. Nicht nur im Handel herrscht in diesen Wochen vor Weihnachten Hochsaison. Auch für viele Bauernhöfe im Land ist das Weihnachtsgeschäft ein wichtiger Umsatzbringer. „Zu Weihnachten spielen natürlich Gansl und Fisch direkt vom Bauern eine große Rolle“, sagt Martina Ortner, die in der Landwirtschaftskammer Österreich für die bäuerlichen Direktvermarkter zuständig ist. „In den Bauernläden und auf den Märkten sieht man zudem aber immer öfter auch sehr schöne Geschenke, die von der Kundschaft auch immer mehr geschätzt werden.“ Die oft hochwertigen und sehr aufwendig gestalteten Geschenkboxen und -kisterl sind im Weihnachtsgeschäft zu einem Markenzeichen der bäuerlichen Direktvermarkter geworden. Mit eigenen Produkten wie Schnaps, Wein, Most, Speck, Würsten, Fruchtsäften bis hin zu Essigen, Kräutern und Tee gefüllt, erfreuen sie sich seit Jahren immer größerer Beliebtheit.

Die Direktvermarktung ihrer Produkte ab Hof, über Gemeinschaftsläden, über Märkte oder auch über das Internet, als Cateringangebote für Feste und Feiern oder über Selbstbedienungsboxen und Automaten wurde in den vergangenen Jahren zu einem immer bedeutenderen Einkommensstandbein für viele Bauern in ganz Österreich. Auch wenn der Hype der ersten Monate in der Coronakrise längst vorbei ist, ist man zufrieden. Das Vermarktungsniveau ist sehr professionell. Das Geschäft wächst. „Es ist der direkte Kontakt, der zählt“, ist Ortner überzeugt.

Daher verwundert es nicht, dass immer öfter Selbstbedienungsboxen und Automaten, die vor nicht allzu langer Zeit als die Zukunft schlechthin gegolten haben, wieder verschwinden. Dafür kommt Neues. So sind derzeit Kooperationsplattformen wie „Ja zu nah“ in Niederösterreich im Kommen, über die Landwirte Gastrobetriebe beliefern.

Die Direktvermarkter gelten als sehr innovativ. „Landwirte sind generell sehr kreativ und finden rasch Lösungen und neue Wege“, sagt Ortner. Bei den Direktvermarktern kommen seit einigen Jahren die Impulse vor allem von Jungen und Quereinsteigern. Ortner: „Die sind besonders innovativ und trauen sich, was Neues zu machen.“

Längst reicht das Angebot weit über die bekannten und geschätzten Produkte wie Fleisch, Milch, Käse oder Eier hinaus. Überraschungen sind dabei nicht ausgeschlossen. So liegen derzeit auch bei den Direktvermarktern pflanzliche Alternativprodukte voll im Trend.

„Die sind bei uns ein Schlager“, sagt Ortner. „Würzsoßen aus Soja, Eiweißprodukte, Hülsenfrüchte und selbst gemachter Tofu werden immer beliebter.“ Mitunter stoßen die Direktvermarkter in ganz neue Marktregionen vor. Fisch etwa gewinnt zunehmend an Bedeutung. Im oberösterreichischen Kremstal, in der Steiermark, aber auch in Tirol befasst man sich sogar mit der Produktion von Garnelen. Einige Bauern setzen auf die Zucht von Edelpilzen, andere haben sich auf die Produktion von Senf verlegt, spezielle Marmeladen und Säfte sind dabei längst zum Dauerbrenner geworden.

Längst ist die bäuerliche Direktvermarktung in der Landwirtschaft zu einer relevanten Größe geworden. Nach Angaben der Landwirtschaftskammer Österreich ist in diesem Geschäft ein Drittel der rund 100.000 landwirtschaftlichen Betriebe aktiv. Im Schnitt erwirtschaften sie dabei rund ein Drittel ihres Einkommens. Bis zu 7000 Betriebe, so Schätzungen, erwirtschaften sogar mehr als die Hälfte ihres Einkommens aus der Direktvermarktung ihrer Produkte. Laut Grünem Bericht erreichte der Produktionswert der Branche im Vorjahr knapp 260 Mill. Euro. Dazu kommen weitere 135 Mill. Euro, die von Heurigen und Buschenschanken erwirtschaftet werden. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Direktvermarktung vielen Bauern als mögliche Strategie für die Zukunft gilt. Laut einer Umfrage des Meinungsforschers Keyquest sehen 83 Prozent der Bäuerinnen und Bauern die Zukunft der Direktvermarktung positiv.

Dieser Optimismus freilich wird derzeit auf eine harte Probe gestellt. Die vorübergehend wieder aufgeschobene Entwaldungsverordnung, aber auch das Lieferkettengesetz und die Nachhaltigkeitsrichtlinie treiben auch den Direktvermarktern die Zornesröte ins Gesicht. Sie fürchten, in der Bürokratie zu versinken. „Es muss jedes Mal jedes Feld eingegeben und erklärt werden, dass es kein Wald ist, und vieles andere mehr, das ist ja absurd“, schimpft Martina Ortner. „All diese Verordnungen werden immer auch für die kleineren und mittleren Landwirtschaftsbetriebe schlagend, weil sie als Zulieferanten immer eine Rolle spielen, und seien sie auch noch so klein.“

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 18. Dezember 2024

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