Donnerstag, 19. Dezember 2024

Hoffen, dass man wieder hoffen kann - das zumindest

"Geschenkekauf bleibt krisenresilient", wurde dieser Tage von den Medien vermeldet. Na Gott sei Dank denkt man da, immerhin etwas ist stabil geblieben. Wiewohl -es ist nicht das Einzige. Bei vielem anderem freilich mag man nicht "Gott sei Dank" denken. Vor allem nicht an das, wogegen der Geschenkekauf resilient ist -die Krise. Sie hat das Land fest im Griff. Mehrere Jahre nun schon und mit bescheidenen Aussichten auf Verbesserung. Dass sie es ist, verwundert freilich nicht. Man tut ja nur wenig dagegen.

Und so bleibt vom ablaufenden Jahr eine eher bittere Bilanz zu ziehen. Auch wenn man dem Jahr gerne Positives abgewinnen würde. Aber, wie soll man es anders sagen -zum Besseren hat sich auch heuer kaum etwas gewendet. Es ist alles in allem das, was man wohl ein verlorenes Jahr nennen muss. Für das Land, für die Gesellschaft, für die Wirtschaft. Wenn man zynisch ist und der Partei anhängt, die die Nationalratswahlen gewonnen hat, könnte man sagen, nicht einmal die politische Wende ist gelungen, obwohl eigentlich alles aufbereitet war dafür. Es ist aber auch bisher nicht einmal gelungen, diese politische Wende abzuwehren. Und je mehr Zeit seit den Wahlen vergeht, desto größer werden die Zweifel dran.

In diese Stimmungslage passt, dass innerhalb der vergangenen Woche drei Visionäre verstorben sind. Drei, die Charisma hatten, das in diesem Land oft so vermisst wird. Deren Weitblick und deren Ansichten über Parteigrenzen und gesellschaftliche Schwellen hinweg geschätzt und gehört wurden und die sich nicht scheuten, sich auch in der Öffentlichkeit einzusetzen. Ihnen ging es darum, das Land und auch die Gesellschaft weiterzubringen, wie es in dem einen oder anderen der vielen Nachrufe hieß. Etwas, was man der heutigen Generation wohl kaum nachsagen wird. Leute wie Josef Taus, Hannes Androsch und Claus Raidl, die alle ihre Kanten und auch dunklen Ecken gehabt haben mögen, und zu denen man stehen kann, wie man will, sind es heute, die dem Land fehlen.

Stefan Pierer hätte auch das Zeug dazu gehabt. Vieles von dem, was er sagte, war richtig und notwendig in diesem Land, in dem so viele nichts oder nur Nichtssagendes sagen. Nun freilich ist die Pleite, die er mit seinem Motorradwerk hingelegt hat, für viele wohl nur eine weitere Bestätigung dafür, dass man keinem trauen darf, dass man sich auf keinen verlassen kann, und dass "die da oben" ohnehin nichts anderes im Sinn haben, als es sich zu richten.

Wenn solche Anker wie Pierer scheitern, tut das auch dem nationalen Ego weh. Es ist Gift für Zuversicht in die Zukunft, die alle im Land so dringend brauchen würden, in dem sich Orientierungslosigkeit breit gemacht hat. Die Schwierigkeiten bei den Koalitionsverhandlungen führen das tagtäglich vor. Da ist nichts davon, an einem Strang ziehen zu wollen, nichts davon, die Vergangenheit hinter sich und einen Neuanfang wagen zu wollen. Nein, man verheddert sich in alten Mustern wie eh und je. Man beschäftigt sich immer noch vorzüglich mit sich selbst und nicht mit großen Themen.

Man liefert sich, um nur ein Beispiel anzuführen, lieber ein peinliches, beschämendes und hartherziges Wettrennen darum, zu uns geflüchtete Syrer umgehend zurückzuschicken. Das freilich passt zu dem, was zum politischen Stil geworden ist -man glaubt, mit einfachen Lösungen davonzukommen. Dabei steckt das Land jetzt wirklich in einer veritablen Krise. "Kein weiter wie bisher", wie die Koalitionsverhandler das Ziel ihrer Verhandlungen mantra-artig vor sich hertragen, ist längst zu wenig. Da braucht es sehr viel mehr. Es braucht ein großes gemeinsames Ziel, eine Vision für die Gesellschaft und für das Land, eine Richtung, in die man mit vereinten Kräften gehen will. Das ist es, was seit Jahren fehlt. Es darf nicht mehr darum gehen, sich gegenseitig schlecht zu machen, klein-klein alles gegeneinander aufzurechnen und sich im Durchsetzen der eigenen Interessen zu verlieren. Es muss um das große Ganze gehen, darum, gemeinsam an der Zukunft zu arbeiten und etwas zu schaffen.

Das Land steht am Kipppunkt und die Gesellschaft auch. Dass auch in der Welt um uns so viel im Umbruch ist, macht die Herausforderung nicht kleiner. Rosig kann man die Aussichten nicht nennen. Aber was wir vom neuen Jahr erhoffen können sollen, soll zumindest die Erwartung sein, dass die Aussichten wieder rosig werden können. Das zumindest.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 19. Dezember 2024

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