Wir haben, wie es aussieht, eine neue Regierung. Immerhin das. Wie immer man diese neue Regierung bewerten mag, in Zeiten wie diesen kann es kein Schaden sein, zumindest wieder Aussichten auf geordnete politische Verhältnisse im Land zu haben. Und auch in Deutschland zeichnet sich nach dem vergangenen Sonntag eine Wende zum - hoffentlich - Besseren ab. Das kann uns guttun. Und das kann Europa guttun. Wir wissen, wir brauchen es. Denn abgesehen davon bleiben immer noch jede Menge Unsicherheit, Ungewissheit und Ratlosigkeit und Verunsicherung. Trump stellt die Welt auf den Kopf, wie wir es nie geglaubt hätten. Und wir, nicht nur die Politik, sondern wohl jeder Einzelne auch, wissen nicht, wie damit umgehen.
Wir müssen umlernen, wir müssen umdenken. Spätestens seit der Rede des US-Vizepräsidenten Vance vor zwei Wochen in München ist nicht nur in den europäischen Regierungskanzleien Feuer am Dach. Für viele ist klar, dass all das, was wir seit Wochen aus und von Washington hören, das Ende der transatlantischen Beziehungen bedeutet, wie wir sie seit 1945 erlebt haben. Von tektonischen Verschiebungen in der Weltpolitik ist die Rede und vom Ende der alten Nachkriegsordnung.Die Welt ist eine andere und wir sind nur Passagiere. Europa, Österreich und die Ukraine. Die Ukraine sowieso. "Das Geld regiert nun tatsächlich die Welt" schreibt der Schriftsteller Peter Rosei in der "Presse" am Samstag. Und das so augenscheinlich wie kaum je zuvor.
Man mag nicht glauben, was Trump sagt und wie er agiert. Seine Gestik, seine Worte lassen einen nur fragen, wie konnte so ein Mann nur so weit kommen. Warum versagten alle und versagen alle Kontrollmechanismen? Man kann nur staunen und man beginnt sich zu fürchten. Hoffnungen schwinden, Ängste werden wach. Was passiert da rund um den Globus? Was passiert zwischen Amerika, Europa und Russland. Und was immer mehr Sorgen macht -was passiert in der Ukraine?
Es ist schlimm zuschauen zu müssen, wie die reichsten Menschen der Welt ohne jede demokratische Legitimation in der Politik mitmischen und sie sich zu Diensten machen. All diese Irrwitzigkeiten, denen ein Ernst innewohnt, den anfangs niemand glauben wollte. Grönland übernehmen, den Panamakanal zurückholen, den Gaza-Streifen zur Riviera des Nahen Ostens zu machen. Oder wie zigtausende Jobs von heute auf morgen gestrichen werden. Gar nicht zu reden von der Anbiederung an Putin, der sich angesichts des Irrwitzes in Washington nur ins Fäustchen lachen kann.
Es ist erstaunlich, wie Trump einen ganzen Staat, ja die ganze Demokratie, abräumen kann. Ohne viel Gegenwehr. Das Land, das sich gerne als die stärkste Demokratie der Welt abzeichnet. Man fragt sich, wie es in den USA so weit kommen konnte. Man versteht nicht, dass Trump und Konsorten nicht in den Griff zu bekommen sind. Die Demokraten in den USA sind in der Versenkung verschwunden, die Republikaner von Trump in die Tasche gesteckt. Gegenwehr kommt allenfalls von den Gerichten.
Es ist wenig Hoffnung zu sehen, dass dieser Wahnsinn in den USA zu einem raschen Ende kommt. Was viele auch in Europa herbeigewünscht haben, erwies sich schnell als Bumerang. Wir müssen für die politischen Versäumnisse, die Treuseligkeit und Bequemlichkeiten, denen wir uns in den vergangenen Jahren gerne hingegeben haben, wohl büßen.
Europa ist ratlos und hat keine Antworten auf Trump. Das hat wohl viel damit zu tun, dass Europa in seiner Selbstverliebtheit international ins Abseits gerutscht ist. Man hat kein Pfand in der Hand, das in diesem Irrsinn, wie wir ihn erleben, von Relevanz wäre. In den vergangenen Tagen war viel davon zu lesen, dass sich Europa nun stärken muss. Das wird wohl so sein. Dafür müsste man freilich wissen, wo und wie man sich stärkt und was man tun soll, damit man schnell stark wird. Da ist einstweilen nichts zu erkennen.
Es steht eher zu befürchten, dass die Politik nicht anders reagiert wie unsereiner. Man versucht sich mit den neuen Verhältnisse zu arrangieren. Man redet sich den Irrsinn klein und man ist dabei, Trump, Musk und auch Putin in den Alltag einzufügen. Die sind halt so.
Das sind schlechte Vorzeichen dafür, dass die Bereitschaft in Europa wirklich groß genug sein wird, all die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, die jetzt als notwendig gelten, um nicht unterzugehen. Denn die verlangen auch Opfer von den Bürgern. In welcher Form auch immer. Und die werden nicht angenehm sein.