Österreichs Fußball-Exzentriker Marko Arnautovic wurde nicht nur wegen seiner Tore, sondern auch wegen seiner Ausraster berühmt. Als er einmal in Wien von der Polizei angehalten wurde, herrschte er den Polizisten an. "Du hast mir gar nichts zu sagen. Ich verdiene so viel, ich kann dein Leben kaufen. Ich bin etwas Höheres als du." Mehr brauchte es nicht. Arnautovic´, der damals bei Werder Bremen spielte, füllte die Schlagzeilen. Die Aufregung war enorm.
Gegen die superreichen Tech-Bosse in den USA, die heute Schlagzeilen machen, ist Arnautovic´, auch wenn er durchaus ähnlichen Geistes sein mag, freilich ein harmloser kleiner Kicker geblieben. Über ihn konnte man lachen und den Kopf schütteln. Aber wenn Elon Musk sagt, "wenn ich Starlink abschalte, bricht die gesamte Ukraine-Front zusammen", kann man nicht mehr lachen. Denn er hat wohl recht damit, und vor allem -er kann das wirklich.Es hat im Lauf der Geschichte schon oft Zeiten gegeben, in denen nicht nur Herrscherhäuser, sondern auch Oligarchen oder, zu Beginn des vorigen Jahrhunderts, auch politische Systeme zu großem Einfluss gekommen sind. Aber es hat noch nie so eine Zeit gegeben, in der einzelne Leute wie Musk ohne jede Kontrolle und ohne jede demokratische Legitimation weltumspannende Technologien in der Hand haben, die es ihnen ermöglichen, mit einem Knopfdruck die Welt aus den Angeln zu heben und ihre Allmachtsfantasien umzusetzen. Indem sie Satellitensysteme abschalten, Kommunikationsnetze lahmlegen oder einfach Leitungen kappen. Nicht für hunderte oder für tausende Menschen, sondern für Millionen und Milliarden. WhatsApp und Facebook haben weltweit jeweils rund drei Milliarden Nutzer, Elon Musks X rund 300 Millionen und Google verarbeitet mehr als zwei Billionen Anfragen jährlich.
Solche Dimensionen hat es noch nie gegeben. Derzeit ist es vor allem Elon Musk, der vor so einer Versuchung nicht gefeit zu sein scheint. Aber wer sagt, dass es bald andere nicht auch sind. All die Zuckerbergs, Bezos oder Pichais und wie sie alle heißen, die neben Musk an der Seite von Donald Trump die US-amerikanische Politik, und nicht nur die, aufmischen und offenbar keine Grenzen kennen. Sie können inzwischen Angst machen. Google-Chef Sundar Pichai etwa hat es in der Hand, mit Änderungen am Such-Logarithmus die Meinungslage in ganzen Ländern zu verändern und damit Wahlen stark zu beeinflussen. Und man mag sich gar nicht vorstellen, wenn Microsoft Office oder Cloud zur Demonstration ihre Macht einsetzen oder gar in Versuchung kommen, damit Politik zu machen.
Die lange als Superstars gefeierten US-Amerikaner kamen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in diese Position, weil man nicht nur in den USA der Faszination erlegen ist, sondern auch im Rest der Welt, insbesondere in Europa. Die harmlos und spleenig wirkenden Burschen aus dem Silicon Valley und ihre ständig neuen Entwicklungen sorgten für Bewunderung. Wohl auch, weil es bequem war. Aber erst Donald Trump, ebenso machtbesessener wie machtbewusster und skrupelloser Präsident der stärksten Macht der Erde, entfesselte die Technokraten mit all ihren Möglichkeiten vollends, indem er sie hinter sich versammelte und ihnen im Gegenzug Zugang zu politischem Einfluss verschaffte und sie für seine Zwecke instrumentalisierte.
Die Welt weiß nicht umzugehen mit dieser neuen Konstellation, die viele als Bedrohung sehen. Man staunt, dass in den USA kein demokratisches Instrument verfängt, diese Entwicklungen in den Griff zu bekommen. Man fragt sich, wo die US-Demokraten sind, denen die Welt bei den Wahlen im Vorjahr noch zutraute, Trump zu schlagen. Man rätselt, wie schnell ethische Grundsätze und Verantwortung verschwunden sind.
Das freilich fragt man sich auch von der internationalen Gemeinschaft. Man fragt sich, was sie tun will, um das Heft wieder in die Hand zu bekommen. Ganz besonders freilich gilt das für Europa. Zumindest im militärischen Bereich gibt es jetzt die Bereitschaft, zu Stärke zu kommen. Das aber ist wohl nur die eine Hälfte. Europa hat auch technologisch einen enormen Rückstand aufzuholen und wieder Eigenständigkeit zu gewinnen. Und das ist wohl das noch schwierigere Unterfangen. Auch, weil es noch am Bewusstsein dafür fehlt. Und wohl auch, weil es an der Bereitschaft der Politik fehlt und vor allem auch der Menschen, die alles mittragen sollen. Klar ist nur -die Zeit läuft. Und das ziemlich schnell.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 13. März 2025
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