Donnerstag, 27. März 2025

Vor den ersten Klippen schaut es ganz gut aus

Die neuen Namen und die neuen Gesichter sind immer noch nicht geläufig. Der neue Kanzler schafft alleine von seiner Statur her schon Vertrauen und vermittelt Stabilität, was gerade in Zeiten wie diesen nicht schlecht sein kann. Der Herr Vizekanzler versucht immer noch und durchaus nicht unerfolgreich zu staatsmännischer Figur zu finden. Der Dritten im Bunde, der Außenministerin, blitzt nach vor wie am ersten Tag die Freude darüber aus den Augen, dass sie nun in der Regierung sitzt. Und die anderen bemühen sich auch redlich, an Profil zu gewinnen. Mit braven Sagern, mit Antrittsinterviews oder mit leutseligem Auftreten.

Besonders beliebt ist bei der neuen Regierung offenbar die Imagepflege per Instagram. Bei manchen so beliebt, dass man sich schon fragt, machen die eigentlich sonst auch noch etwas? Wie sie es dabei anlegen, erinnert meist an eine längst legendäre "profil"-Titelseite aus den siebziger Jahren, auf der Andrè Heller zu sehen war, der sich selbst eine Taschenlampe über den Kopf hielt um sich so ins Rampenlicht zu setzen. Daran fühlt man sich erinnert, wenn Pröll III., mit Vornamen Alexander diesmal, der auch für Digitalisierung zuständige Staatssekretär, mit dem auf sich selbst gerichteten Handy vor der Nase zu einem TV-Interview schreitet. Die Staatssekretärin im Kanzleramt, seine Parteifreundin, steht ihm um nichts nach, wenn sie vom Salzburger Erzbischof, wie sie sagt, "den Segen erbittet" und von ihrem ersten Auftritt in Brüssel gleich ein ganzes Imagevideo online stellt. Da wollen auch der Kanzler und sein Vize nicht nachstehen und schon gar nicht der "@pepssch", Sepp Schellhorn, der mit seinen "Sepp, was machst du?"-Instagram-Clips längst Kultstatus erlangt hat. Dass er dort jetzt als Staatssekretär eigentlich leiser treten sollte, ist freilich derweil noch kaum zu merken. Die Clips aus der Küche kommen einem immer noch deutlich öfter unter als "der.politiker_ pepssch".

Aber sei's drum - es wird schon noch werden. Die neue Regierung steht auch nach den ersten drei Wochen im Amt noch in einem guten Ruf. Das mag Zuversicht geben. Dass die Regierungsklausur im Kanzleramt stattfand, machte Eindruck, nicht zuletzt, weil man sich, zuweilen mit Schaudern, an das erinnerte, was bei solchen Gelegenheiten schon geboten wurde. Als man etwa vor Jahren "umweltbewusst" per Bahn zur Klausur ins Oberösterreichische anreiste und dann ruchbar wurde, dass die Dienstkarossen auf der Autobahn nachkamen. Langgediente Innenpolitik-Redakteure erinnern sich noch mit Häme daran, als die Minister der ÖVP-FPÖ-Regierung in einem Retzer Weingarten nach ihren Reformen eine "Zeit der Ernte" ausriefen. Die Liste ist damit noch lange nicht vollständig.

So gesehen stehen die Zeichen derzeit nicht schlecht. Es schaut gut aus. Nach alldem, was wir vorher erleben mussten. "Unsere neue Regierung ist gestartet, ohne zu stolpern", ist in den Kommentaren der großen Zeitungen zu lesen. Auch von einer "wohltuenden Sachlichkeit" ist die Rede und von einem "konstruktiven Kurs".

Freilich wird es nicht so bleiben. Denn noch ist nicht wirklich etwas zu erkennen, außer, dass man um Tempo bemüht ist. Freilich bauen sich schon die ersten Klippen - Stichworte: Defizitverfahren und Budgeteinsparungen - auf. Und zuweilen ist zu spüren, dass man noch den Deckel auf manch brodelnden Topf hält - der Stimmung wegen.

Dass die ÖVP beim Mietrecht so schnell bereit war, beizugeben und auch die Wiedereinführung der kalten Progression durchzuwinken, stößt auf wachsendes Unverständnis. Bei der SPÖ ist das Rasseln wegen der Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge für die Senioren nicht zu überhören. Und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis andere Themen dazukommen.

Was auffällt und was auch verwundert, dass der SPÖ von ihren Regierungspartnern sehr viel Spielraum gelassen wird und dass der Chef dieser Partei und nunmehrige Vizekanzler seine Erfolge wie den Miet-Deckel immer noch im Stil eines Parteikämpfers mit einem Anflug von Triumph vermeldet. Die ÖVP-Wähler hingegen müssen, sofern sie nicht gerade Unternehmer sind, immer noch auf etwas warten, das ihre Erwartungen erfüllen könnte. Und was die NEOS-Wähler befriedigen wird, steht noch gänzlich in den Sternen, außer man hat Freude daran, dass Handys in Schulen verboten werden.

Aber, das zum Trost - wir haben ja noch fast fünf Jahre Zeit.

Meine Meinung, Raiffeisenzeitung, 27. März 2025

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