Man kann es abtun als Ausreißer, man kann auch sagen die Wahlen sind weit weg und auch, dass es ja andere Umfragen auch gibt. Faktum ist -auch die neue Regierung, immerhin auch schon wieder fast fünf Monate im Amt, schafft es nicht die FPÖ in den Griff zu kriegen. Ganz im Gegenteil. Laut der aktuellen Sonntagsfrage kommt die Partei von Herbert Kickl auf beinahe so viele Prozent wie die SPÖ und die ÖVP zusammen. 34 Prozent für die FPÖ vermeldete dieser Tage das Online-Boulevardmagazin Exxpress, das erst jüngst mit staatlichen Förderungsgeldern für Qualitätsjournalismus ausgestattet wurde.
34 Prozent sind nicht wenig und deutlich mehr als die FPÖ bei den letzten Wahlen erringen konnte. Für die großen Regierungsparteien hingegen geht's weiter bergab. Für die Volkspartei sogar ziemlich steil. Um 4,32 Prozent liegen die Türkisen laut APA-Wahltrend unter dem Wahlergebnis vom vergangenen Herbst. Dagegen nehmen sich die minus 1,2 Prozent der SPÖ mit ihrem so viel gescholtenen Vorsitzenden nachgerade harmlos aus, gar nicht zu reden von den NEOS, die laut APA sogar mit 1,4 Prozent im Plus liegen.Diese Umfrageergebnisse mögen mit vielem zu tun haben, sie haben wohl aber auch damit zu tun, dass die ÖVP dabei ist, wieder in alte Bahnen zu geraten. Allem Stocker zum Trotz, der sie, das muss man ihm lassen, in ruhigere Gewässer geführt hat und der heimischen Politik die Aufgeregtheit genommen hat. In seiner Partei macht sich aber wieder diese Bräsigkeit breit, die von einer zur Schau getragenen Überlegenheit geprägt ist, die wenig mit der Wirklichkeit zu tun hat, die schon in den vergangenen Jahren so viele Stimmen gekostet hat.
Da nimmt nicht wunder, dass den Herrschaften die Politik schon wieder um die Ohren zu fliegen beginnt. Vor allem auch, weil man immer wieder von der eigenen, bekanntermaßen nicht immer so tollen Politik der vergangenen Jahre eingeholt wird, weil sich vollmundige Versprechen allzu oft als hohl erweisen oder weil man schlicht vergisst, dass es die eigene Wählerschaft ist, auf die man da losgeht.
Die Diskussion um die Teilzeitbeschäftigung ist typisch dafür. Sie wurde vom Wirtschaftsminister dort angezettelt, wo man sie immer verortete -bei den Frauen. Das verwunderte schon, ist doch seine Partei jene, in der am längsten die Nase darüber gerümpft wurde, dass Frauen überhaupt einer Arbeit nachgehen. Inzwischen ist die Diskussion längst bei der übergebührlichen steuerlichen Belastung gelandet, die vielen die Lust an der Arbeit verleidet, weil ihnen der Finanzminister so tief in die Taschen greift, dass sie lieber daheimbleiben. Und gar nicht zu reden davon, dass sehr viele Unternehmen derzeit gar nicht so viel Arbeit haben, dass sie ihre Mitarbeiter voll beschäftigen könnten. Und dass es so ist, hat maßgeblich die Partei des Wirtschaftsministers zu verantworten, der jetzt den Eindruck erwecken will, er habe das Thema entdeckt -obwohl seine Partei zu den Verursachern zählt.
Im aufgehenden Sommerloch liefern die Türkisen mehrere Beispiele wie dieses, die die eigenen Wähler eher ratlos, wenn nicht gar verärgert zurücklassen. Da nennt etwa der Landwirtschaftsminister die Vorschläge zur künftigen EU-Agrarpolitik eine "zentrale Gefahr für die österreichische Landwirtschaft", ganz so, als ob er vor Jahresfrist vor den Europawahlen nicht durch die Lande gezogen ist, um just für jene Fraktion zu werben, deren Politik und deren Personalentscheidungen den Bauern nun diese trüben Aussichten eingebrockt hat. Gelernt hat man freilich nichts. Denn jetzt heißt es schon wieder "jetzt zeigt sich einmal mehr, wie bedeutend eine starke Vertretung der österreichischen Bauernschaft in Brüssel ist". Dreimal darf man raten, was man sich in der Bauernschaft, immerhin allem zum Trotz Stammwähler der Türkisen, darob denkt. Wundern darüber sollte man sich freilich nicht.
Und wundern sollte man sich auch nicht über die junge Bundesministerin im Bundeskanzleramt, die in Kopftüchern bei Kindern einen Ausdruck "extremistischer Tendenzen" sieht. Dabei möchte man wetten, dass sie in ihrer Mühlviertler Heimat, wo diese Art von Kopfbedeckung bei Frauen, zumal bei solchen, die zur Stammwählerschaft der Türkisen zählen, immer noch verbreitet ist, als Kind auch oft ein Kopftuch getragen hat.
Wie gesagt - man soll sich wundern. Und vielleicht auch fragen, ob es den Türkisen auf diese Art gelingt, wieder Boden unter die Füße zu kriegen.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 31. Juli 2025
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