Donnerstag, 19. April 2012
Großer Rummel - keine Kraft ...
Mickrige 51 Piraten haben es nicht geschafft, sich bisher als Partei zu konstituieren. Nur so wenige kamen nämlich vor drei Wochen bei einer Veranstaltung zusammen, die der Gründungsparteitag werden sollte. Und nicht 510, nicht 5.100 oder gar 51.000, wie es die zuweilen aufgeregte Diskussion der letzten Wochen vermuten ließ. Dennoch durchwabert Österreichs politische Zirkel so etwas wie schnattrige Aufgeregtheit. Ob die Parteilandschaft vor einem Umbruch stehe, wird heftig diskutiert. Es wird eindringlich davor gewarnt, die - ja auch dort und fast ausschließlich - Männer, die sich Piraten nennen und die politische Bühne entern wollen, nicht ernst zu nehmen.
Noch gar keine Leute, aber viel Geld hat der gute, aber doch schon ziemlich alte Frank Stronach, der es nicht lassen kann, Jahre nachdem er in Kanada mit seinem politischen Engagement Schiffbruch erlitt, nun offenbar in Österreich sein Glück zu versuchen. An seinem Wesen - "Wer das Gold hat, macht die Regeln“ sagt er gerne wenig vertrauenerweckend für jene, die ebendieses nicht haben - soll Österreichs Politik genesen.
Dort ist der Genesungsbedarf tatsächlich sehr hoch. Die neuen Parteien und Initiativen, die da in den vergangenen Wochen und Monaten von sich reden machten oder lanciert wurden, sind Zeichen dafür, wie hoch der Bedarf und die Sehnsucht sind und wie groß der Frust. Allein, ob sie das Zeug dazu haben, die Politik aus der Malaise zu führen, muss bezweifelt werden. Viel eher ist zu vermuten, dass Österreichs Politik so sehr am Boden liegt, dass auch von dort nichts kommt, was das Land voran bringen könnte.
Dabei wäre kaum etwas so wünschenswert, als dass neue Parteien tatsächlich auftreten und zu Erfolg kommen und eine Alternative zum bestehenden Parteiensystem, das so viele Menschen nur mehr abzustoßen scheint, bieten.
Es bleibt wohl beim Wunsch. Denn was da jetzt durch die politischen Zirkel geistert, mag allenfalls reichen, den Unmut der Bevölkerung aufzufangen und als Protest zu kanalisieren. Nachhaltige Wirkung auf das Parteiensystem, eine Wende gar in der Politik und ein neuer Stil ist all dem wohl nicht zuzutrauen, was sich da jetzt versucht als Partei zu formieren.
"Nein zu Korruption und Überwachung, ja zu Grundeinkommen und Cannabis“, wie sich das die Piraten auf die Fahnen heften, mag reichen, um in die Zeitung zu kommen, zu mehr wohl aber nicht. Und da helfen die treuherzigen Kommentare wenig, die die Piraten mit den frühen Grünen vergleichen und fragen, warum ihnen nicht das Gleiche gelingen sollte. Was das freilich sein soll, ist wohl die Frage. Dass sie dereinst, so wie die Grünen heute, eine in Würde gealterte Bewegung sind, die sich im Parteien-Establishment pudelwohl fühlt, ihre politischen Schrebergärten pflegt und die Legitimation daraus bezieht, sich ab und an als Richter über die Politik der anderen Parteien aufzuspielen? Ganz abgesehen davon, dass die Piraten allem Anschein nach vor allem ohnehin noch am ehesten ausgerechnet den Grünen das Wasser abgraben könnten, weil man mit deren Protestkraft offenbar unzufrieden geworden ist.
Und dass sich das mit dem politischen Tod ringende BZÖ am liebsten unter die Millionen-Dollar-Decke Stronachs kuscheln würde, ist auch nicht das, was man sich unter Neuorientierung der Parteienlandschaft und frischem Wind vorstellt.
Mehr als 800 Parteien sind laut Innenministerium in Österreich registriert. Von der hohen Zahl her gäbe es also durchaus eine Basis für eine Umwälzung der Parteienlandschaft. Aber nur von daher. Die Ideen und Konzepte sind zumeist hanebüchen, die Motive undurchsichtig, die Personaldecken dünn und Strukturen nicht vorhanden.
Das Land braucht mehr als neue Protestparteien, um es aus der Lethargie zu reißen. Es braucht nachhaltig wirkende politische Kräfte, die ihm Linie geben und die Verantwortung für die Zukunft als zentrale Kategorie in die Politik zurückbringen. Davon ist freilich nichts zu sehen.Und das ist schade. Denn das ist für die etablierten Parteien nichts anders als ein Freibrief. Sie können sich zurücklehnen und müssen nicht wirklich um ihre Pfründe zittern. Und sie müssen sich auch keine Sorgen machen, dass sie die 170 Millionen Euro, die sie jährlich unter sich als öffentliche Parteienförderung kassieren, mit neuen Playern teilen müssen. Österreich bleibt wohl in ihrer Hand.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 19. April 2012
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