Donnerstag, 12. April 2012
Jagdgesellschaft gegen Jagdgesellschaft
"Jagdgesellschaft“ hat das Zeug, zum Unwort des Jahres zu werden. Die Jäger können nichts dafür, ins Zwielicht gerieten sie durch zwielichtige Personen wie einen burgenländischen Grafen, den wiederum eine ganz andere Art von Jagdgesellschaft zur Strecke zu bringen versucht.
Die gibt es nämlich auch.
Diese Art von Jagdgesellschaften haben zwar nichts mit dem Waidwerk zu tun, ums ins Visier nehmen und ums Erlegen geht es dabei aber allemal. Weniger fein möglicherweise als auf einem Schloss, aber zumeist um nichts weniger effizient. Man bedient sich der gleichen Sprache, trifft sich aber nicht beim Schüsseltrieb, sondern eher beim Italiener. Und es geht nicht um Hirsch, Wildsau, Reh, Hase oder Fasan, sondern darum, Politiker aus ihren Ämtern zu schießen, irgendwo einen Unternehmer herauszuschießen oder, ganz banal, einen Bürgermeister zur Strecke zu bringen. Statt mit dem Gewehr in der Hand geht man mit Laptop und Smartphone auf die Jagd. Munition liefern Berge von Akten und Google, statt über den Biertisch tauscht man sich über Twitter und e-Mail aus. Und getuschelt wird hinter vorgehaltener Hand.
So gesehen ist der Korruptions-Untersuchungsausschuss, der die Jagdgesellschaft eines umtriebigen Grafen in den Mittelpunkt seiner Recherchen stellte, nichts anderes als selbst eine Ansammlung verschiedener Jagdgesellschaften. Wobei angemerkt sei, dass die einzige Jägerin der Runde, die Ausschussvorsitzende, noch am wenigsten einer dieser Jagdgesellschaften, die sich gegenseitig ans Fell wollen, zuzuzählen ist. Zumindest nicht in ihrer Ausschussarbeit.
Jagdgesellschaften wie diese haben zumeist, wenn schon oft nicht sonderlich lautere, so doch zumeist plausibel klingende Motive. Dennoch ist ihnen eigen, dass sie das Licht der Öffentlichkeit scheuen, sich so gut wie niemals deklarieren und versuchen, ihre Strukturen zu verbergen. Intrige und Schmutz sind ihnen nicht fremd, der Hinterhalt und das Versteck ihr bevorzugtes Aufenthaltsgebiet, wenn es gilt, das Ziel zu erreichen. Und selbst, wenn man, so wie im parlamentarischen Untersuchungsausschuss, im grellen Licht der Öffentlichkeit agiert, lässt man sich in seinem Handwerk nicht drausbringen.
Es ist ein stilles Einverständnis, das solche Jagdgesellschaften zusammenhält. Und jene, die sie im Visier haben, die haben es schwer.
Das wissen alle, die jemals damit zu tun hatten. Und das sind bei Gott nicht nur Politiker. Jagdgesellschaften gibt es in den unterschiedlichsten Formen überall. In Schulklassen und an Schulen, in Betrieben und in Ämtern, in Vereinen und in Gemeinden. Das böse Wort hinter dem Rücken, der Kleinkrieg in der Kaffeeküche oder am Parkplatz. Opfer sind oft Menschen, die sich nicht fraglos einordnen können oder wollen, die mit neuen Ideen alteingefahrene Gleise in Gefahr bringen, die sich mit ihrer überfreundlichen Art Vorteile beim Chef zu machen versuchen. Es gibt eine Unzahl von Ausprägungen. Was in diesem Bereich inzwischen zumindest mit Mobbing einen Namen hat und auch juristische Folgen nach sich ziehen kann, ist im öffentlichen Bereich, zumal dann, wenn es um Politiker oder andere Personen des öffentlichen Lebens oder um die Durchsetzung von Anliegen wie etwa dem Tier- oder Umweltschutz geht, praktisch rechtsfreier Raum.
Da scheinen oft alle Verhaltensregeln ausgeschaltet, da werden Gesetze nach eigenem moralischen Gutdünken zurechtgebogen und übertreten. Da gilt selten, was man sonst nicht müde wird, von anderen einzufordern. Da gelten die eigenen Gesetze. Und da greift man zu Methoden, die man nie akzeptieren würde, würden sie gegen einen selbst angewendet. Gemeinsam haben diese Art von Jagdgesellschaften, dass sie sich immer im Recht fühlen und der gemeinsame Zweck oft alle Mittel zu heiligen scheint.
Wie so oft gilt: Alles fließt, vor allem Grenzen. Man sollte sie dennoch achten. Das gilt für die Jagdgesellschaften im eigentlichen Sinn und mit allen ihren Ausprägungen, das gilt aber auch für die Jagdgesellschaften, die dem Waidwerk nicht nahestehen. Übers Ziel zu schießen steht beiden nicht an und auch nicht zu.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 12. April 2012
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