"Der Bauer ist kein Spielzeug, was kommt dir in den Sinn?", heißt es in der berühmten Ballade von Adelbert von Chamisso. Das möchte man vielen zurufen, die versuchen rund um die EU-Agrarreform und in Österreich anstehenden Veränderungen im landwirtschaftlichen Umfeld für sich Stimmung und Stimmen oder gar Geschäfte zu machen.
Der Agrarsprecher der FPÖ, Harald Jannach mit Namen, ist wohl dieser Spezies zuzuzählen. In einer Aussendung mokierte er sich jüngst darüber, dass Österreich als Nettozahler mehr Geld nach Brüssel überweist, als es von dort bekommt. Wie er die Zahlen mischt, ist nicht nachvollziehbar, wohl aber was seiner Ansicht nach unter dem Strich bleibt: Geld, das "unsere Bauern" dringend benötigen, fließe nach Griechenland, Spanien und Frankreich.
Klingt gut, hat aber nichts mit der Realität zu tun. Österreich ist, das ist richtig, Nettozahler, zahlt also mehr nach Brüssel, als es von dort bekommt. In den vergangenen Jahren betrug der Überhang 400 Mill. bis 800 Mill. Euro. Fraglos viel Geld, und fraglos auch, dass man darüber diskutieren kann. Bauern, respektive deren Vertreter oder die sich dafür halten, sollten sich dabei wohlweislich zurückhalten. Denn die Landwirtschaft zählt zu den größten Profiteuren dieses Systems. Mehr 1,3 Mrd. Euro, weit mehr als das, was Österreich netto die EU kostet, überweist Brüssel jährlich auf die bäuerlichen Konten - als Betriebs-, Mutterkuh-, Milch- und Stärkekartoffelprämie und als 50-Prozent Beitrag zu ÖPUL, Ausgleichzahlungen für Bergbauern und all die anderen Programme in der Ländlichen Entwicklung. Man mag sich angesichts der Stimmung, die in diesem Land der Landwirtschaft gegenüber herrscht, gar nicht ausmalen, wie es aussehen würde, wenn dieses Geld in Österreich aufgebracht werden müsste.
Warum daher Politiker wie Jannach, zumal wenn sie vorgeben, Interessen der Bauern zu vertreten, gegen Österreichs Nettozahlerposition polemisieren, ist nicht nachzuvollziehen. Es gibt viel zu viele, die oft bar jeder Sachkenntnis und wider besseres Wissens Forderungen aufstellen, die allenfalls gut klingen, aber fern aller realen Verhältnissen und Umsetzungsmöglichkeiten sind. Und die allenfalls ihnen selbst, nicht aber der Landwirtschaft, die ehrliche Diskussion und Vorschläge so dringend nötig hätte, dienen. Aber Hauptsache Wirbel, Hauptsache Aufmerksamkeit, Hauptsache Schlagzeilen. Da reibt man sich die Hände und lacht sich ins Fäustchen. Allzuoft auf Kosten der Bauern.
So sind viele, die in der Agrarpolitik mitmischen und nach Stimmen fischen. Auch der Agrarsprecher der SPÖ, Kurt Gassner mit Namen und Lehrer von Beruf, zählt dazu. Er erklärt gerne, dass er ja die Positionen zur Agrarreform nicht im Detail kenne, weil ihn niemand informiere. Das hindert ihn aber nicht gegen die Bauernvertretung und die Bauern zu polemisieren, statt sich um die nötigen Informationen zu kümmern. Geradezu lustvoll treibt er im Verein mit der Arbeiterkammer Bauern und Bauernvertretung mit Steuervorschlägen und Sticheleien zu den Bauerneinkommen und ihrer Verteilung vor sich her.
"Bauern sind kein Spielzeug" sollten sie "Agrarpolitiker" wie diese hinter die Ohren schreiben. Aber nicht nur sie. Auch all die Arbeiterkämmerer und die Verantwortlichen im Handel, die ich so gerne um die Landwirtschaft besorgt zeigen, aber doch nichts anders im Sinn haben, als bäuerliche Sorgen oder das Image der Bauern zu benutzen, um sich zu profilieren.
Gmeiner meint - Blick ins Land 10/12 - 28. September 2012
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