Donnerstag, 10. Januar 2013

Bauern suchen Heil im Bioanbau





Weil viele Bauern mit dem Umstieg auf biologischen Anbau liebäugeln, braucht die heimische Biolandwirtschaft dringend neue Märkte.

HANS GMEINER Salzburg (SN). Die Biolandwirtschaft gilt immer mehr heimischen Bauern als zukunftsträchtige Alternative zur konventionellen Landwirtschaft. Während man sich von den wirtschaftlichen und produktionstechnischen Ansprüchen der konventionellen Landwirtschaft zunehmend überfordert fühlt, erscheinen vielen von ihnen die Möglichkeiten und Chancen, die Bio bietet, erfolgversprechender.

Auf Basis einer Umfrage schätzt Bio Austria, dass sich daher die Zahl der Biobauern in Österreich im Gefolge der EU-Agrarreform ab 2014 von derzeit rund 22.000 auf knapp 50.000 mehr als verdoppeln könnte. Statt derzeit 20 wären das dann rund 36 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe insgesamt. Der Anteil der biologisch bewirtschafteten Flächen würde sich damit laut Bio Austria auf knapp 40 Prozent erhöhen.

Für die heimische Agrarpolitik und die Verarbeiter ist das eine enorme Herausforderung. Das Bioangebot wird innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes sprunghaft ansteigen, wenn die Bio-Austria-Einschätzung eintrifft. So werden schon in wenigen Jahren 800 Mill. statt derzeit rund 400 Mill. Kilogramm Biomilch anfallen und zu vermarkten sein. Bei anderen Produkten wie Getreide wären die Relationen ähnlich.

Für Bio-Austria-Obmann Rudi Vierbauch ist die Bereitschaft der Landwirte, auf Bio umzusteigen, eine Chance, die genutzt werden muss. Statt die Gefahr von zusammenbrechenden Preisen an die Wand zu malen, wie das manche Agrarfunktionäre tun, um die Wünsche der Biobauern einzubremsen, fordert Vierbauch, den Biomarkt rechtzeitig und gezielt weiterzuentwickeln.

Für den Absatz des zu erwartenden Mehrangebots hat Vierbauch vor allem Exportmärkte im Auge. Derzeit beträgt die Exportquote je nach Bioprodukt nur bis zu 15 Prozent. Um Absatz und Preise zu sichern, soll sie in Zukunft – etwa bei Milch – bis zu 50 Prozent erreichen.

Man soll die gute Stimmung für Bio nutzen, verlangt Vierbauch. „Wir haben in Österreich und in Europa trotz Krise gute Zuwächse.“ Der heimische Markt wächst nach wie vor um drei Prozent jährlich, in Europa liegen die Wachstumsraten der Biomärkte zwischen acht und zehn Prozent. „Da haben wir große Chancen, uns mit innovativen Produkten zu positionieren.“

Um mit der Herausforderung zurechtzukommen, wollen die Biobauern, insbesondere die Verarbeiter wie etwa die Molkereien, verstärkt in die Pflicht nehmen. „Wir erwarten von unseren Partnern in der Verarbeitung, dass sie in Sachen Bio agieren und nicht nur reagieren.“ Erwartet wird insbesondere mehr Engagement für Entwicklung und Vermarktung biologischer Produkte. „Die Vermarktung von Bioprodukten läuft bisher nebenbei mit“, sagt Vierbauch. „Die Produkte werden derzeit nahezu ausschließlich für Eigenmarken des Handels erzeugt, eigenständige Biomarken der Verarbeiter gibt es praktisch nicht.“ Versuche von Molkereien mit eigenen Biomarken waren bisher wenig erfolgreich. Neben den Handelsmarken sei zumindest in Österreich kaum Platz, heißt es in der Branche.

Den Verarbeitern will der Obmann der Biobauern mit Unterstützung im Marketing auf die Sprünge helfen. Das Geld dafür soll über einen eigenen Marketingbeitrag der Biobauern aufgebracht werden. Bei Milch etwa denkt man – zusätzlich zum AMA-Marketingbeitrag – an eine Abgabe von 0,2 Cent pro Kilogramm gelieferter Milch. „Wir wollen gemeinsam mit den Verarbeitern den Markt aufbereiten.“ Die Koordination will Bio Austria übernehmen. „Die AMA-Marketing soll die Strategien, die aus diesem Bereich kommen, unterstützen“, wünscht sich Vierbauch.

Bei den Verarbeitern reagiere man vorerst eher reserviert, gibt Vierbauch zu. „Die Milchverarbeiter reagieren unterschiedlich“, sagt er. „Aber sie sehen, dass Handlungsbedarf auf sie zukommt.“

Reserviert reagiert auch die Politik. Dass dort laut darüber nachgedacht wird, die sich abzeichnende Entwicklung einzubremsen, statt sie durch entsprechende Unterstützung und Dotierung der Förderung zu begleiten, sieht Vierbauch als größtes Risiko dafür, dass diese Chance für die Landwirtschaft vertan wird. Verständnis dafür hat er nicht. „Wenn mehr Bauern auf Bio umstellen wollen, muss es für den Biolandbau auch mehr Geld geben.“
Salzburger Nachrichten - Wirtschat, 10. Jänner 2013

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