Donnerstag, 10. Januar 2013

Nagelprobe für Bauern und Konsumenten





Immer mehr Bauern sehen in Bio ihre Zukunft. Erfüllen die Konsumenten die Erwartungen nicht, droht ein Desaster.

Österreichs Bauern wollen in Bio flüchten. Nach Einschätzung der Biobauernorganisation könnte sich die Zahl der heimischen Biobauern bald fast verdoppeln. Die Umstellung auf Bio gilt auf den heimischen Höfen offenbar angesichts des scharfen Konkurrenzdrucks, der unsicheren Preissituation und drohender Förderkürzungen als die aussichtsreichere Perspektive in der Landwirtschaft.

An diesem Kalkül ist was dran. Bio hat Zukunft. Dass immer wieder Skandale am Vertrauen der Konsumenten rütteln, ändert daran nichts. Auch wenn angeblich bei den Konsumenten mittlerweile Regionalität mehr zählt als die biologische Erzeugung, ist das Vertrauen intakt. Das Kontrollsystem funktioniert. Die Biolandwirtschaft hat nach wie vor eine hohe Glaubwürdigkeit, jedenfalls die österreichische.

Die Verkaufszahlen in Österreich wachsen zwar nicht mehr zweistellig, aber immer noch kräftig. Getragen wird der Markt bei uns von den Handelsketten. Die haben ihn aufgebaut, diktieren aber auch die Bedingungen.

Die Biobauern sind darob nicht immer froh. Längst leiden auch sie wie ihre konventionellen Kollegen unter dem Preisdruck. Aber das ist wohl auch einer der wichtigsten Gründe dafür, dass Bio in Österreich so gut funktioniert. Wäre der Unterschied zu den Preisen konventioneller Produkte allzu groß, würden die Konsumenten wohl nicht so häufig zu Bioprodukten greifen.

Auch wenn sympathisch erscheinen mag, worauf sich viele konventionelle Bauern jetzt offenbar einlassen wollen, es ist dennoch riskant. Denn die Märkte für das in völlig neue Dimensionen wachsende Angebot gibt es noch nicht. Sie müssen erst entwickelt werden. Dabei setzt man vorwiegend auf die Exportmärkte. Dort aber fehlt es an Absatzkanälen.

Wenn der Umstieg auf Bio wirklich zu einer Chance für die Bauern werden soll, muss man schnellstens die Ärmel aufkrempeln. Andernfalls wird man auf der Produktion sitzen bleiben und froh sein müssen, sie als konventionelle Ware verkaufen zu können.

Danach, dass dabei alle an einem Strick ziehen, schaut es freilich nicht aus. Angesichts der anstehenden Neuordnung der Förderungen sehen viele Agrarier die Biopläne skeptisch. Ob aus Kalkül, um Fördergelder zu retten, oder aus Vernunft, weil sie das Unterfangen für ein aussichtsloses Abenteuer halten, lassen sie freilich selten erkennen.

Salzburger Nachrichten - Leitartikel Seite 1, 10. Jänner 2013

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