Zum 13. Mal wird in diesem Land eine große Koalition
verhandelt. Und zum 13. Mal ist der Verhandlungsbeginn geprägt von Versprechen,
einen neuen Stil pflegen zu wollen. Die Sätze, die Bundeskanzler Faymann und
sein Vize Spindelegger in diesen Tagen in jedes Mikrofon sagen, das ihnen
hingehalten wird gleichen denen, die schon ihre Vorgänger wählten. Der
neue Stil soll von "vertrauensvoller Arbeit miteinander" geprägt
sein, sagt Spindelegger, "ohne Konfrontationen und ohne dem anderen etwas
hinterrücks auszurichten". Und Faymann will den neuen Stil als
"spürbaren Einsatz für rot-weiss-rot" begriffen wissen.
Man macht freundliche Nasenlöcher, schlägt Schalmeientöne
an. Dabei ist man doch längst dabei wieder in den alten Gleisen weiterzufahren.
Beschämend ist etwa, wie sich die forschen und vollmundigen Wahlkämpfer dieser
Sommermonate abputzen, wenn sie gefragt werden, ob denn das, was sie im
Wahlkampf übereinander sagten, nicht die Stimmung trübe und einer gedeihlichen
Zusammenarbeit entgegenstehen könnte. "Jeder versteht, dass im Wahlkampf
halt emotional anders aufgedreht wird, als in sonst üblichen Sitzungen",
spricht etwa Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner nonchalant sich selbst
und seine Kolleginnen und Kollegen frei, wenn er auf den einen oder anderen
Sager im Wahlkampf angesprochen wird. Und Sozialminister Rudolf Hundstorfer
gibt zu "Ja, ich habe auch einiges gesagt über Herrn Spindelegger"
und die Cool-Down-Phase nach den Wahlen habe gut getan.
Was kümmern mich die Worte von gestern? So einfach geht das.
Und so beschämend ist das. Was soll man von solchen Politikern, solchen
Charakteren, halten, was von ihren Versprechen, einen neuen Stil pflegen zu
wollen? Was überhaupt von ihren Wahlversprechen? Und warum soll man ernst
nehmen, was sie von sich geben?
Über das Team Stronach und seinen Herrscher, der alles, was
er vor den Wahlen sagte und versprach vergessen hat und rückgängig macht,
erregt sich das ganze Land. Dabei verhalten sich die Politikerinnen und
Politiker der Regierungsparteien im Kern kaum anders. Jetzt sind es die
heftigen Sager über die Mitbewerber, die das p.t. Wahlpublikum vergessen
respektive nicht ernst nehmen soll. In wenigen Monaten sind es wohl, daran ist
kaum zu zweifeln, auch viele der zuweilen mehr als vollmundigen Versprechungen,
mit denen die Wählerschaft geködert wurde.
Und spätestens dann wird man wohl auch wieder endgültig im
alten Trott miteinander verkehren, dessen so viele Österreicherinnen und
Österreicher längst überdrüssig sind und der der großen Koalition schon bei den
letzten Wahlen fast die Mehrheit gekostet hätte.
Die Aussichten, dass ausgerechnet bei der 13. Auflage der
großen Koalition etwas anders wird, sind als nur gering einzuschätzen. Nicht
zuletzt, deswegen, weil es die selben Akteure sind, die schon die 12. Auflage
verbockt haben, die sich nun anschicken, die Neuauflage zu zimmern. Genau jene
Akteure, die nun allerorten mit einer bemerkenswerten Chuzpe wegzuwischen
versuchen, was sie noch vor wenigen Wochen übereinander sagten. Da ist niemand
neuer an den Verhandlungstischen, da dominieren die, die schon immer den Ton
angegebenen haben, jene, die die Zusammenarbeit von Rot und Schwarz so
herunterwirtschaftet haben, dass nun von der letzten Chance geredet werden
muss.
Da ist kein Wunder, dass die Wählerinnen und Wähler über das
verschreckt sind, was sie angerichtet haben. Keine 40 Prozent wollen, ergaben
Umfragen in den vergangenen Wochen, wieder eine große Koalition. Und mehr als
zehn Prozent, so viele wie nie, würden heute, keine vier Wochen nach der Wahl,
ganz anders wählen.
Einstweilen vergreifen die Versprechungen des
Rot-Schwarzen-Führungspersonals ganz offensichtlich nicht. Im Gegenteil.
Die Zeichen scheinen auf ein unvermindertes Ansteigen des Politik-Frustes in
diesem Land zu stehen. Immer mehr Menschen haben genug von dem Theater, das
ihnen Tag für Tag geboten wird. Sie wollen Politik und keine
verschmitzt-schmunzelnde Entschuldigungen, die einstmals gesagtes Vergessen
machen sollen. Sie wollen, das hält, was die Politikerinnen und Politiker
sagen. Und dass sie sich darauf verlassen können. Diesen Beweis anzutreten tut
sich die große Koalition freilich schwer. Nicht zuletzt deswegen, weil man
jetzt allerorten so tun muss, als hätte man das im Wahlkampf gesagte nicht so
gemeint, wie es gesagt wurde.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 24. Oktober 2013
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