Freitag, 1. November 2013
Hilflos in die Erniedrigung
Wien schwirrt in diesen Tagen vor Gerüchten. Eines davon ist, dass das Landwirtschaftsministerium aufgelöst und als Staatssekretariat in das Wirtschaftsministerium eingegliedert wird. Für den Bauernbund und seine Führung wäre das wohl der politische Supergau. Schlimmeres gäbe es wohl kaum, abgeräumt und erniedrigt ausgerechnet von der eigenen Partei, der man immer am treuesten diente.
Dass ausgerechnet der bei den Bauern absolut unbeliebte Wirtschaftskammerpräsident Leitl federführend für die Volkspartei in den Koalitionsgesprächen mit der SPÖ das Kapital Landwirtschaft verhandelt, wird von vielen Bauern ohnehin bereits als Affront und Zeichen der Demontage empfunden. Dass sich der Bauernbund nicht durchsetzen konnte, wird als Schwäche gewertet.
Die schwarzen Agrarier zeigen sich bislang gegenüber diesen Weichenstellungen bemerkenswert hilflos. Sie versuchen zu kalmieren und die Gerüchte rund um eine Abwertung des Landwirtschaftministeriums zu einem Staatssekretariat als "Geplänkel" abzutun.
Ihre Argumentation ist kläglich. Als wichtigstes Argument für die Beibehaltung des Ministeriums ins Treffen zu führen, dass Österreich andernfalls das einzige EU-Land wäre, das kein eigenes Landwirtschaftsministerium hätte, grenzt ans Lächerliche. Wenn man nicht mehr als das und den zuweilen weinerlich daherkommenden Hinweis darauf zu bieten hat, dass ein Drittel der ÖVP-Stimmen von den Bauern kommt, hat man keine andere Behandlung verdient.
Überraschend wäre die drohende Demontage der Landwirtschaft in der Bundesregierung jedenfalls nicht. Seit Jahren büßt die Agrarpolitik an Glaubwürdigkeit ein und handelte sich stattdessen ein Image zwischen Schrulligkeit und nervender Persistenz ein. Auf dem politischen Parkett verlor man massiv an Gewicht. Dass man in den vergangenen Jahren auch aus den eigenen Reihen nach Kräften das Ministerium schwächte, statt es bei der Beseitigung von Schwächen zu unterstützen, tat sein Übriges.
Dass es hinter den Kulissen mächtig gärt, ist kaum mehr zu verbergen. Der Unmut über die VP-internen Vorgänge wird immer lauter. Und er wird auch für die obersten Bauernbündler selbst zum Thema. Dass sich Bauernbund-Vizepräsident Schmuckenschlager Sorgen macht, "dass es dem Bauernbund offensichtlich nicht gelingt, sein Wählerpotenzial auch in Verhandlungsstärke umzusetzen", kann man auch als Kritik an der obersten Führung lesen, die es nicht schaffte, die ÖVP-Treue der Bauernwähler an den Verhandlungstisch zu bringen.
Die kommenden Wochen werden für die Landwirtschaft spannend. Das Schicksal der Bauern bestimmt aber nicht, ob das Landwirtschaftsministerium bleibt oder nicht. Wenn die Landwirtschaft nicht mehr so prominent im Fokus der politischen Öffentlichkeit stehen würde, könnte das durchaus auch in manchen Bereichen von Vorteil sein.
Dass die Welt nicht untergeht, zeigte sich vor Jahren in Oberösterreich, als es für eine Periode keinen Agrarlandesrat gab. Dass die bäuerliche Seele, die so sehr nach Anerkennung und Wertschätzung lechzt, leidet, ist dennoch verständlich. Und dass die Wut auf die Volkspartei und ihre Führer groß ist, auch.
Würde eine allfällige rot-grüne Regierung so etwas planen, würden die Bauern längst gegen Wien marschieren. Vielleicht sollten sie es auch diesmal. Freilich nicht vor die SP-Zentrale in der Löwelstraße oder das Kanzleramt am Ballhausplatz, sondern vor die ÖVP-Zentrale in der Lichtenfelsgasse.
Gmeiner meint , Blick ins Land, 1. November 2013
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dass leitl bei den bauern absolut unbeliebt ist, kann ich nicht nachvollziehen. er schießt zwar oft übers ziel, ist aber einer der wenigen vernünftigen bei den schwarzen.
AntwortenLöschenvielleicht ist das gerücht um die auflösung des agrar-ministeriums auch nur so etwas wie beschäftigungstherapie und ablenkung ob der ins haus flatternden "liebesbriefe" vom finanzamt, wo beiträge rückwirkend bis mitte 2012 vorgeschrieben werden. natürlich nur reiner zufall, dass das erst nach der nrw kommt. nachwirkung vom letzten sparpaket. keine sorge, das nächste steht vor der tür.