Sonntag, 1. Dezember 2013

Schmutzige Spiele auf Kosten der Landwirtschaft




Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich gilt als fixer Ablösekandidat in der Regierung. In manchen bäuerlichen Kreisen hat er es zum wohl bestgehassten Mann gebracht und in der Öffentlichkeit zuweilen zu einer der Lächerlichkeit preisgegebenen Figur, mit der wohl niemand tauschen möchte. "Almen" sagen die Spötter nur. Und "Bienen". Und vielleicht auch noch "Paris". Da weiß man unter Bauern, was gemeint ist, da kann man sich auf die Schenkel klopfen und ereifern und so richtig den Zorn raus lassen.

Das mag zuweilen nachvollziehbar sein, gerecht wird es dem Landwirtschaftsminister nicht. Und gerecht ist es auch nicht. Seine Performance, respektive die Agrarreform, kann sich alles in allem durchaus sehen lassen. Es ist gar zu einfach, ihm alles anzulasten, was etwa bei der Vermessung respektive Nicht-Vermessung der Almen und bei den Neonicotinoiden und sonst wo schief gelaufen ist. Da putzen sich allzu viele an Berlakovich ab und lassen ihn im Regen stehen.

In der Alm-Causa etwa sind es manche Landwirtschaftskammerpräsidenten und -experten und auch Landesräte, die sich selbst an der Nase nehmen und zu ihrer Verantwortung stehen sollten, haben sie diese doch allem Anschein nach bisher eher als Schlitzohrigkeit interpretiert. Sie tun es freilich nicht und putzen sich lieber am Landwirtschaftsminister im fernen Wien ab.

Und auch in der Bienen-Causa Berlakovich zum Buhmann und zur Lachnummer zu machen ist zu billig und nichts als ein schmutziges Spiel, das nichts anderem dient, als von den eigenen Versäumnissen abzulenken. Man mag sich gar nicht vorstellen, was mit Berlakovich in bäuerlichen Kreisen passiert wäre, hätte er gesagt: "Ja, wenn die NGOs und die Grünen sagen, dass die Neonicotinoide so gefährlich für die Bienen sind, dann verzichten wir natürlich sofort darauf."

Er hat es nicht gesagt, sondern wollte ihnen Paroli bieten. Doch statt ihn dabei zu unterstützen, schauten ihm lieber alle zu, wie es für ihn Tag für Tag schwieriger wurde. Viele von den Verantwortungsträgern in den unterschiedlichen bäuerlichen Vertretungen genossen es regelrecht, dass er seine Ohrfeigen abbekam -so lange, bis es für die gesamte Landwirtschaft zu spät und die öffentliche Meinung gekippt war. Dafür war man nachher umso gescheiter. So gescheit, dass es mitunter weh tat. Und so falsch.

Alleine diese zwei Beispiele zeigen, wie sich die Landwirtschaftsvertretung und Agrarpolitik in der Öffentlichkeit immer wieder selbst vorführt und selbst beschädigt. Es funktioniert viel weniger, als man glauben, und viel tiefer sind die Gräben, als man annehmen möchte. Und alles einem Landwirtschaftminister umhängen zu wollen ist so unfair wie falsch und leichtsinnig.

Die Bauern brauchen eine starke Vertretung und vor allem eine Vertretung, die zusammenhält und auch in schwierigen Zeiten zusammensteht. Das ist seit Jahren kaum mehr der Fall. Da erzählt man lieber G'schichterln, lässt den einen und den anderen in bester Fußballermanier auflaufen, drückt sich, wenn's ums Aufzeigen geht, hält sich bedeckt, wo klare Worte nötig wären. Dass man dabei nur mehr schwach ist, erkennt man nicht einmal mehr. Wie denn auch, wenn man zu jeder richtigen Selbsteinschätzung unfähig geworden ist, wo man sich doch viel lieber an anderen abarbeitet?

In diesen Monaten heißt er gerade Berlakovich. Ein anderes Mal wird's ein anderer sein. Oder eine andere. Schwach wird es in jedem Fall bleiben, wenn es in diesem Stil weitergeht.

Gmeiner meint, Blick ins Land, 1. Dezember 2013

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