Seit Jahren wirbeln die Lebensmittel-Konzerne gewachsene Strukturen durcheinander und haben mit ihrer Marktmacht ganze Wirtschaftszweige fest im Schwitzkasten. Wenn sie sie denn nicht längst überhaupt mausetot gemacht haben. Manchen Vorständen in diesen Konzernen scheint das aber freilich noch zu wenig zu sein. Unbändig scheint die Lust geworden, in großen Stil nun auch die öffentliche Meinung und die Politik zu beeinflussen. Ausgerechnet sie versuchen ihre Konzerne nun immer öfter in nachgerade penetranter Weise zu Schützern und Rettern der Umwelt und des Guten im Allgemeinen zu stilisieren. Offene Briefe allerorten, Unterschriften unter Petitionen und jede Menge Stellungnahmen. Ganz so, als ob sie nicht selbst auch jede Menge zu den Problemen, die sie nun zu bekämpfen vorgeben, beigetragen hätten und immer noch beitragen.
In den NGOs wie Global 2000, Greenpeace, Vier Pfoten oder dem WWF hat man willfährige Partner gefunden. Da fügen sich die Interesen zweier einander eigentlich fremder Welten geschmeidig ineinander. Schmeichelweich und ultragrün versucht man alles, auf dass ihnen die Gesellschaft auf den Leim gehe.
Die Methoden dabei werden immer dreister. Gegenseitig wirft man sich die Bälle zu. Schmeißt man sich gegen die Bienen ins Zeug, kämpft gegen die Europäische Saatgutverordnung und warnt vor dem EU-US-Handelsabkommen TTIP, gibt es postwendend dickes und imageförderndes Lob von den NGOs. Und umgekehrt ist es nicht anders. "Wird öffentliche Meinung hier gehandelt wie Ware?", fragte jüngst ein Beobachter der Szene. Ganz zu recht.
Geld stinkt nicht. Auch nicht bei denen, die immer gut zu sein vorgeben. Viele NGOs verkaufen ihre Expertise und Kontrolltätigkeit für Spezialprogramme der Handelsketten und halten dafür die Hand auf, um das eigene Fortkommen zu sichern. Das gibt im Gegenzug den Handelskonzernen die Sicherheit, Ruhe vor den NGOs zu haben. Und ein hübsches grünes Mäntelchen obendrauf. Gut ist das fürs Geschäft auf allen Seiten allemal.
Für die Konsumenten, um die sich zu kümmern man so schlagzeilenträchtig vorgibt, ist das Spiel freilich kaum erkenn-und noch weniger durchschaubar. Transparenz und Ehrlichkeit sind auf Seiten des Handels genauso wie auf Seiten der NGOs Fremdworte.
Da hält man sich allemal lieber zugute gut zu sein. Mit ernster Miene, stolz geschwellter Brust und erhobenem Zeigefinger.
Mit der Wirklichkeit aber hat die mit Hilfe der von bezahlten Claqueuren aus den Reihen der NGOs und willfähriger Medien aufgebaute heile Welt nur selten zu tun. Denn, wenn es ums Geld geht, sind all die schönen Worte nichts als Makulatur.
Warum sonst legt man neben die von den heimischen Bauern erzeugten Waren, für deren Herstellung immer größere Auflagen verlangt werden, billige Produkte aus aller Welt in die Regale und betreibt heftige Werbung dafür? Warum etwa gehen die Käseregale mit ausländischem Industriekäse regelmäßig dann über, wenn die heimischen Produkte teurer werden? Warum hat man ausgerechnet Brot und Gebäck zur Kampfzone gemacht und macht den Bäckern das Leben schwer? Und warum sagen die NGOs in solchen Fällen nichts?
Die Antwort will man wohl nicht hören - weil es ums Verdienen geht. Ganz oben in der Qualitätspyramide, bei den Bioprodukten. In der Mitte, bei den konventionellen Erzeugnissen. Und ganz unten im Preissegment, mit den aus aller Welt herbeigekarrten Billigwaren der internationalen Agrarindustrie. Und natürlich auch bei den NGOs.
Besser beraten ist wohl, wer die Jubel-PR-Texte anders liest. Denn noch mehr als um den Erhalt der Artenvielfalt und Biodiversität, um die sich verdient zu machen man vorgibt, haben die Konzerne mit ihrer Preispolitik und der Gestaltung ihres Angebotes zur Stärkung der internationalen Nahrungsmittelindustrie beigetragen. Und sie haben damit genau jener Landwirtschaft, die sie nun als schlecht hinstellen, Vorschub geleistet. Gar nicht zu reden von jenen Branchen, denen sie regelrecht das Licht abgedreht haben.
Dass sie jetzt Bio hofieren und Nischen bedienen, ist da noch das Geringste, was sie der heimischen Landwirtschaft und allen anderen Branchen, denen sie ihren Stempel aufdrückten, schuldig sind. Sie dafür auch noch zu loben und als Vorbild zu sehen, ist aber zu viel verlangt. Und den NGOs, die gegen Geld ihr Image vermarkten, noch etwas zu glauben erst recht.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 28. Mai 2014
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