Freitag, 3. März 2017

Der Papa wird's schon richten



Es klang richtig resch im Herbst 2009 auf der Rieder Messe. „Es kann doch nicht sein, dass sich eine intelligente Minderheit von einer dummen Mehrheit pflanzen lässt“, tönte Ewald Grünzweil, damals wie heute Obmann der IG Milch, vor hunderten Milchbauern. Die Milchkrise hatte gerade einen ihrer Höhepunkte erreicht. Die Stimmung zwischen den Molkereien, der IG-Milch, die damals noch mehre tausend Mitglieder zählte, und der Agrarpolitik kochte. Es ging um Lieferstreik und Milch wegschütten. Richtige Kampfstimmung herrschte im Saal. „Ich habe in den vergangenen Tagen die Hosen gestrichen voll gehabt“, wird der IG-Milch-Chef in Zeitungsberichten zitiert. „Aber worauf wollen wir noch warten?“, rief er in den Saal. „Die Chance ist historisch.“

Man weiß, wie alles ausging. Jetzt sind es viele der Bauern, die dem IG-Milch-Chef damals folgten, die die Hosen gestrichen voll haben. Nach dem Aus des Freien Milch-Abenteuers stehen noch rund 100 ehemalige Milchrebellen mit April ohne Abnehmer da.
Aus Überzeugung, mit Lust und Dreistigkeit wurden seinerzeit alle Brücken zu Molkereien und Politik abgerissen. Und mit einer großen Portion Bösartigkeit und Verachtung dazu. Nun sollen die Molkereien und die Agrarpolitik den Scherbenhaufen wieder zusammenräumen verlangt man. Und die, die damals als die "dumme Mehrheit" geschimpft wurden, jene Bauern die ihren Genossenschaften die Treue hielten, sollen das akzeptieren. Das hat, mit Verlaub, etwas von kleinen Buben, die etwas angestellt haben und die dann am liebsten hätten, dass alle sagen "Schwamm drüber".

Es wird schon zu einer Lösung kommen, dass man diesen Bauern keine roten Teppiche auslegt und dass niemand Hurra schreit, aber ist verständlich. Zuviel Porzellan wurde zerschlagen.
Dass sich nun just jene Leute, die mit ihrer Rabiat-Rhetorik der Art "freie Milch von freien Bauern" seinerzeit maßgeblich dazu beitrugen, dass nun so viele Bauern in einer misslichen Lage stecken, sich nun wieder als Bauernretter aufzuspielen und zu profilieren versuchen, ist bei Licht betrachtet, freilich nichts denn eine Bankrotterklärung - sogar eine, mit Verlaub, ziemlich freche. Dass Leute wie der Grüne Abgeordnete Wolfgang Pirklhuber nun sogar den Bauernbundpräsidenten Jakob Auer, den bestgehassten Agrarpolitiker just in jenen Kreisen, die er nun retten soll, als Helfer in die Pflicht nehmen will, macht wie vieles andere auch, Kopfschütteln.

Dass Pirklhuber seinerzeit den Lieferstreiks das Wort redete, mit denen die nun für viele Bauern so desaströse Entwicklung in Gang kam? Nicht der Rede wert. Nicht anders verhält es sich mit den Protagonisten der IG-Milch. Auch sie scheint nicht zu kümmern, was sie gestern gesagt haben. Sie sind auch heute noch überzeugt, alles besser zu wissen.
Hier geht es nicht um Abrechnung und Schadenfreude, sondern darum, das merkwürdige Verhältnis zur Verantwortung mancher der Herrschaften, die sich gerne als die Guten in der Agrarpolitik und in der Landwirtschaft geben und die glauben, alles besser zu wissen, ins richtige Licht zu rücken.

Dabei sei durchaus anerkannt, dass oft wichtig ist, was sie tun. Sie sollten dabei aber das Augenmaß bewahren. Und sie sollten sich, das vor allem, nie wieder so abgehoben fühlen, dass sie Sätze sagen, wie "Es kann doch nicht sein, dass sich eine intelligente Minderheit von einer dummen Mehrheit pflanzen lässt".
Denn dann muss man möglicherweise wieder zu "Papa" Auer, damit der es richtet.
 
Gmeiner meint - Blick ins Land, 3/17,  3. März 2017

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