Es klang richtig resch im Herbst 2009 auf der Rieder Messe. „Es kann doch nicht sein, dass sich eine intelligente Minderheit von einer dummen Mehrheit pflanzen lässt“, tönte Ewald Grünzweil, damals wie heute Obmann der IG Milch, vor hunderten Milchbauern. Die Milchkrise hatte gerade einen ihrer Höhepunkte erreicht. Die Stimmung zwischen den Molkereien, der IG-Milch, die damals noch mehre tausend Mitglieder zählte, und der Agrarpolitik kochte. Es ging um Lieferstreik und Milch wegschütten. Richtige Kampfstimmung herrschte im Saal. „Ich habe in den vergangenen Tagen die Hosen gestrichen voll gehabt“, wird der IG-Milch-Chef in Zeitungsberichten zitiert. „Aber worauf wollen wir noch warten?“, rief er in den Saal. „Die Chance ist historisch.“
Man weiß, wie alles ausging. Jetzt sind es viele der
Bauern, die dem IG-Milch-Chef damals folgten, die die Hosen gestrichen voll
haben. Nach dem Aus des Freien Milch-Abenteuers stehen noch rund 100 ehemalige
Milchrebellen mit April ohne Abnehmer da.
Aus Überzeugung, mit Lust und Dreistigkeit wurden
seinerzeit alle Brücken zu Molkereien und Politik abgerissen. Und mit einer
großen Portion Bösartigkeit und Verachtung dazu. Nun sollen die Molkereien und
die Agrarpolitik den Scherbenhaufen wieder zusammenräumen verlangt man. Und
die, die damals als die "dumme Mehrheit" geschimpft wurden, jene
Bauern die ihren Genossenschaften die Treue hielten, sollen das akzeptieren.
Das hat, mit Verlaub, etwas von kleinen Buben, die etwas angestellt haben und
die dann am liebsten hätten, dass alle sagen "Schwamm drüber".
Es wird schon zu einer Lösung kommen, dass man diesen
Bauern keine roten Teppiche auslegt und dass niemand Hurra schreit, aber ist
verständlich. Zuviel Porzellan wurde zerschlagen.
Dass sich nun just jene Leute, die mit ihrer
Rabiat-Rhetorik der Art "freie Milch von freien Bauern" seinerzeit
maßgeblich dazu beitrugen, dass nun so viele Bauern in einer misslichen Lage
stecken, sich nun wieder als Bauernretter aufzuspielen und zu profilieren
versuchen, ist bei Licht betrachtet, freilich nichts denn eine
Bankrotterklärung - sogar eine, mit Verlaub, ziemlich freche. Dass Leute wie der
Grüne Abgeordnete Wolfgang Pirklhuber nun sogar den Bauernbundpräsidenten Jakob
Auer, den bestgehassten Agrarpolitiker just in jenen Kreisen, die er nun retten
soll, als Helfer in die Pflicht nehmen will, macht wie vieles andere auch,
Kopfschütteln.
Dass Pirklhuber seinerzeit den Lieferstreiks das Wort
redete, mit denen die nun für viele Bauern so desaströse Entwicklung in Gang
kam? Nicht der Rede wert. Nicht anders verhält es sich mit den Protagonisten
der IG-Milch. Auch sie scheint nicht zu kümmern, was sie gestern gesagt haben.
Sie sind auch heute noch überzeugt, alles besser zu wissen.
Hier geht es nicht um Abrechnung und Schadenfreude,
sondern darum, das merkwürdige Verhältnis zur Verantwortung mancher der
Herrschaften, die sich gerne als die Guten in der Agrarpolitik und in der
Landwirtschaft geben und die glauben, alles besser zu wissen, ins richtige
Licht zu rücken.
Dabei sei durchaus anerkannt, dass oft wichtig ist, was
sie tun. Sie sollten dabei aber das Augenmaß bewahren. Und sie sollten sich,
das vor allem, nie wieder so abgehoben fühlen, dass sie Sätze sagen, wie
"Es kann doch nicht sein, dass sich eine intelligente Minderheit von einer
dummen Mehrheit pflanzen lässt".
Denn dann muss man möglicherweise wieder zu
"Papa" Auer, damit der es richtet.
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