Samstag, 4. März 2017

In zehn Jahren ein Drittel weniger Milchbauern



Bauern und Molkereien fordern von Handel und Tourismus mehr als Lippenbekenntnisse.

Hans Gmeiner

Salzburg. Die schlechten Milchpreise hinterließen in der heimischen Landwirtschaft auch im Vorjahr deutliche Spuren. Ersten Schätzungen zufolge ging die Zahl der Milchbauern abermals um mehr als drei Prozent auf etwas mehr als 28.000 zurück, das sind um rund ein Drittel weniger als noch vor zehn Jahren. Auch wenn sich die Preise in den vergangenen Monaten erholt haben, ist die Stimmung bei den Milchbauern nicht gut.

Zum einen befürchtet man, dass ein Verbot der Anbindehaltung, wie es derzeit diskutiert wird, vor allem für viele kleinere Betriebe wegen der hohen Umbaukosten das Aus bedeuten würde. Zum anderen traut man der Erholung am Milchmarkt nicht recht. Josef Moosbrugger, in der Landwirtschaftskammer Österreich oberster Milchbauernvertreter, gibt sich vorsichtig optimistisch, dass der Trend hält. Dass in Deutschland gerade in den vergangenen Tagen im Handel die Preise für Butter gesenkt wurden, verunsichert aber die Bauern.

Bei der traditionellen Fachtagung des Handelsfachmagazins „Regal“ am Donnerstag in Salzburg forderten Vertreter von Landwirtschaft und Molkereien neuerlich vom Lebensmittelhandel mehr Entgegenkommen. „,Fördern und fordern‘ war einmal die Linie“, sagte Helmut Petschar, Sprecher der heimischen Molkereien. „Sie wird von den Einkäufern als ,fordern und fordern‘ interpretiert.“ Er nahm auch die Gastronomie und den Tourismus in die Pflicht: „Wir brauchen mehr als Lippenbekenntnisse.“

Für den Handel seien die Molkereiprodukte „strategisch, rational und emotional“ von zentraler Bedeutung, sagte Spar-Vorstand Fritz Poppmeier. Die Herausforderung sei, die Trends noch schneller aufzugreifen, bestätigten auch Alfred Propst von Rewe und Andreas Haider von Unimarkt. Gerade in den vergangenen Jahren kam es zu bemerkenswerten Verschiebungen. Fruchtjoghurts, jahrelang der Verkaufshit, verlieren Marktanteile, fettreiche Joghurts zählen zu den Gewinnern. Sorge macht, dass, wie GfK Austria erhob, in den Familien immer weniger Milchprodukte gebraucht werden. Mit insgesamt 241 Mill. Euro gaben Familien für Milch, Käse, Butter und Joghurt um 15 Prozent weniger aus als vor fünf Jahren.

Endgültig gestorben ist das Projekt „Freie Milch“ der IG Milch. Die Alpenmilch-Logistik, die zuletzt die Milch von 160 „Milchrebellen“ vermarktete, stellt mit Ende März den Betrieb ein. Rund 100 der Lieferanten haben bei den einst so heftig kritisierten Molkereien bereits wieder Unterschlupf gefunden. Der Rest, vorwiegend Bauern aus dem Mühl- und Waldviertel, ist noch auf der Suche. Die IG-Milch-Chefs beklagen, dass sie nirgendwo mit offenen Armen empfangen werden.

Salzburger Nachrichten, Wirtschaft, 4. März 2017

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