Donnerstag, 7. Dezember 2017
Problemfall Erfolg
Seit Monaten kommen aus der Wirtschaft Meldungen wie aus dem Bilderbuch. Die heimischen Wirtschaftsforschungsinstitute, die Nationalbank und internationale Einrichtungen wie die OECD haben die Wirtschaftsprognosen für Österreich Schritt für Schritt angehoben. Auch für die Eurozone wird das stärkste Wirtschaftswachstum sein 2007 erwartet und die Weltwirtschaft wächst so schnell wie zuletzt vor acht Jahren. Die Konsumlaune hierzulande sei gar so gut, wie seit 15 Jahren nicht mehr, heißt es, der Fremdverkehr meldete eine Rekord-Sommersaison und der Chef des Arbeitsmarktservices befand jüngst sogar die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt gegenüber dem Vorjahr als "wolkenlos". Viele Branchen können den Erfolg gar nicht mehr bedienen. Es wird von fehlenden Kapazitäten bei den Frächtern berichtet und von den Schwierigkeiten, im Fremdenverkehr genügend Arbeitskräfte aufzutreiben.
So viele Indikatoren wie selten zuvor stehen auf Rekord. Es läuft so gut wie schon lange nicht mehr. Freilich heißt das nicht, dass es nirgendwo Handlungsbedarf gibt, aber besser wird es wohl nicht mehr werden -und darum sollte man alles daran setzen, die Gunst der Situation zu nutzen, Versäumtes nachzuholen, die Stellschrauben nachzujustieren und die Weichen für die Zukunft zu stellen.
In der öffentlichen Meinung freilich dominieren dennoch immer noch die ewig negativen Schlagzeilen, der klagende und anklagende Ton, und die Nörgelei und Jammerei. Daran will sich in diesem Land offenbar nichts und unter keinen Umständen etwas ändern. Schon gar nicht mag man zugeben und zur Kenntnis nehmen, dass sich etwas verbessert hat oder gar gut läuft.
In Österreich, scheint es, kann man mit Erfolg nicht umgehen. Da macht man lieber schlecht, was man nur schlecht machen kann und suhlt sich in Problemen, anstatt sie anzugreifen und zu lösen. Nur in ganz wenigen Momenten ist davon zu hören, dass zu keiner Zeit in der Geschichte eine so große Anzahl von Bürgern auf einem derart hohen Wohlstandsniveau lebte wie heute. In der Regel aber will man das nicht zur Kenntnis nehmen. Und schon gar nicht will man zur Kenntnis nehmen, dass es in allen Bereichen vorderste Aufgabe sein sollte, die Dinge weiter zu entwickeln und die Weichen nachzujustieren, allein um den Status abzusichern.
Und man tut sich auch schwer damit in diesem Land, den Erfolg zu nutzen. Da schreibt man am liebsten alles fort aus der Vergangenheit. Nicht nur bis etwas nicht mehr zu halten ist, weil es vorne und hinten an Geld fehlt und sich das Umfeld und die Umstände längst verändert haben, sondern auch bis, und das ist wohl noch gravierender, aller Spielraum für die Weiterentwicklung aufgebraucht ist.
Wer sich gegen diese Stimmung und die Haltung sperrt, wer sie nicht akzeptieren will, und wer die Chancen und Möglichkeiten, die sich in einem Wirtschaftsumfeld wie dem derzeitigen bieten, nutzen will, hat es schwer in diesem Land. Rückenwind ist selten zu verspüren, die Skepsis überwiegt allemal. Der Apparat und seine Bürokratie zeigen sich zumeist beharrlich und hölzern. Der Unwillen ist es, der dominiert und die Feindseligkeit. Wer Neues will und Neues schaffen will, dem schlägt meist Reserviertheit entgegen und Skepsis. Da ist selten etwas von begeisterter Unterstützung zu hören und davon, dass man Steine möglichst rasch aus dem Weg räumen will. Da geht es viel zu oft immer noch um Unterschriften und Genehmigungen und das Einhalten auch von Vorschriften, die nicht nur längst überholt, sondern die auch in ihrer Rigidität oft nicht zu überbieten sind.
Schwer macht es auch, dass das Angebot von Ämtern, Behörden und Kammern immer öfter nicht zu den Bedürfnissen der Wirtschaft und all der anderen passt, die den Rückenwind nutzen wollen, die Neues schaffen und neue Wege gehen wollen. Vor allem zu diesen nicht. Auch wenn sich in vielen Bereichen dort in den vergangenen Jahren vieles zum Positiven geändert hat, erweist sich der Apparat oft als zu träge. Bis das Angebot an die aktuellen Bedürfnisse angepasst ist, sind die Anforderungen schon wieder längst andere.
Daran ist zu arbeiten. Und nicht nur daran. Österreich muss lernen die Zeit zu nutzen. Daran fehlt es freilich immer noch viel zu oft. Ganz so, als ob man auch für die Zukunft sichern wolle, was man vielerorts am besten kann - jammern.
Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 7. Dezember 2017
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