Donnerstag, 22. März 2018

Asylthema braucht intelligente Lösungen



Es wird inzwischen überall nur mehr „Ausländer-Sparpaket“ genannt und die Regierung ist wohl  mächtig stolz drauf. Dass künftighin im Budget mehrere hundert Millionen Euro bei den Flüchtlingen eingespart werden sollen, fügt sich in die immer restriktivere Einwanderungspolitik. Asylsuchenden will man in Österreich den Aufenthalt möglichst schwer machen. Damit handelt man wohl im Sinn vieler Österreicherinnen und Österreicher.

Bei vielen aber wächst inzwischen der Unmut. Denn für immer mehr ist nicht nachvollziehbar, dass man die Integrationsbemühungen wie Deutschkurse und ähnliches zurückdrängt, die Flüchtlinge abgeschottet in eigenen Lagern zusammenfassen und ihnen die Gelder kürzen will. In der Bevölkerung schwindet das Verständnis dafür, dass unbescholtene und seit Jahren bestens integrierte Familien, die schon gezeigt haben, was sie können, mit aller Härte abgeschoben werden, während, wie sich kürzlich der bei dem Mordfall in Wien zeigte, einschlägig bekannte Kriminelle weiter in Österreich sind. Selbst Kardinal Schönborn appellierte jüngst das humanitäre Bleiberecht „großherziger“ anzuwenden.

Auch in der Wirtschaft wächst der Ärger. In den vergangenen Wochen waren die Zeitungen voll mit Geschichten von Asylwerbern, die sich als Lehrlinge in heimischen Betrieben bewährten und die dennoch von einer Stunde auf die andere abgeschoben werden sollten, obwohl Branchen wie die Gastronomie dringend nach Arbeitskräften suchen.

Sogar so honorige Einrichtungen wie die Österreichische Hoteliervereinigung machen sich inzwischen für eine Änderung der Politik stark. Über Facebook wandte man sich jüngst an die Mitglieder „Bitte melden sie sich, wenn auch Ihr Lehrling von Abschiebung bedroht ist“. Im oberösterreichischen Innviertel forderten 180 Unternehmen dieser Tage von Bundeskanzler Kurz in einem offenen Brief „Hausverstand und Augenmaß von den Entscheidungsgremien“. Asylwerber seien „begehrte Lehrlinge“, mit denen man viele positive Erfahrungen gemacht habe. Doch derzeit nähmen „aktuelle gesetzliche Regularien und Verordnungen scheinbar keine Rücksicht darauf“. Und in Salzburg macht sich inzwischen sogar die Wirtschaftskammer offiziell stark für eine Lösung, die Asylwerbern ein Bleiben in der Lehre ermöglichen soll. Denn neben der Gastronomie wollen auch viele Betriebe aus Industrie und Handwerk nicht auf potenzielle künftige Arbeitskräfte verzichten.

„Wir brauchen zum Thema Ausländer und Asylwerber eine entspannte, unpolitische und objektive Diskussionskultur“, schreiben die Innviertler Unternehmen in ihren Brief an den Bundeskanzler. Ihnen ist nur beizupflichten. Es ist hoch an der Zeit für einen pragmatischen Umgang mit dem Thema. Ohne Emotionen, ohne Scheuklappen und ohne Schaum vor dem Mund. Es geht darum, mit dem Thema intelligent umzugehen.

Aufgabe der Politik ist es nicht, Österreich möglichst Asylwerber-frei zu machen und zu halten, sondern das Potenzial, das sich dadurch bietet, für die Gesellschaft und die Wirtschaft zu nutzen. Ganz abgesehen von den Gründen, die die Menschlichkeit gebietet.  Aber, so wie man vor drei Jahren, als die Flüchtlingswelle über Europa schwappte, vielleicht allzu blauäugig war, scheint man jetzt allzu verbohrt zu sein, sich alle Asylsuchenden möglichst schnell vom Leib zu schaffen.

Dass es intelligente Möglichkeiten gibt, zeigt der Hinweis von Kardinal Schönborn auf das humanitäre Bleiberecht. Das zeigt aber auch Deutschland, wo man sich zumindest darauf verständigt hat, dass Asylwerber ihre Lehre beenden und dann noch zwei Jahre im Land bleiben dürfen, um sich zu beweisen.

Bemühungen in solche Richtungen sind im derzeitigen politischen Klima und in der derzeitigen Regierungskonstellation bei uns freilich sehr überschaubar. Einzig Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl fiel in der politischen Öffentlichkeit Österreichs bisher mit Vorschlägen und Forderungen auf. „Ich plädiere für menschliche Lösungen in Einzelfällen“, sagt er in Interviews immer wieder. „Die Asylwerber aus der Lehre heraus abzuschieben bedeutet, die Integrationswilligen zu Illegalen zu erklären und damit zu bestrafen, während zugleich viele andere, die keine Integrationsbereitschaft zeigen, bleiben können“, wird er zitiert.

Da wäre zumindest ein Anfang. Denn ist es ist hoch an der Zeit, neue Wege zu finden, die sich nicht sklavisch an Paragraphen klammern, sondern die den Bedürfnissen und Möglichkeiten, die sich bieten, möglichst gerecht werden.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 22. März 2018

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