Ende April bekam die Arbeiterkammer eine neue Präsidentin, vorige Woche wechselte die Führung in der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und in der Wirtschaftskammer Österreich und Mitte Juni steht der Wechsel an der Spitze des ÖGB an.
Der Generationswechsel in der Sozialpartnerschaft wird in der Öffentlichkeit eher beiläufig zur Kenntnis genommen. Die Schlagzeilen, die darum gemacht werden, sind von nicht mehr als von Pflichtbewusstsein getragen. Sie spiegeln wohl die Entwicklung, die die Sozialpartnerschaft in den vergangenen Jahren nahm. Da ist kaum mehr etwas von der früheren Bedeutung. Nichts mehr von der Macht, als Leute wie Rudolf Sallinger oder
Anton Benya vorne standen. Nichts mehr davon, dass die Sozialpartnerschaft als Nebenregierung galt, ohne die nichts lief in diesem Land. Und auch nur mehr wenig von der einstigen Bedeutung für die Wirtschafts-und Sozialpolitik in diesem Land.
Die Neuordnung der Sozialversicherungen zeigte es dieser Tage deutlich. Auch wenn sie von manchen als Bestätigung ihres Funktionierens gesehen wird, machte sie augenscheinlich, dass sie nur mehr ein Schatten ihrer selbst ist.
Heute ist alles anders. Statt gemeinsam Lösungen zu finden, geht man immer öfter aufeinander und ohne jede Rücksicht los. Die Gräben zwischen der roten und der schwarzen Hälfte der Sozialpartnerschaft werden zunehmend größer und kaum jemand hat Interesse daran, sie zu überbrücken. Schon gar nicht die aktuelle Regierung, die es sich zum Programm gemacht hat, den Einfluss der -im speziellen roten -Kammern und der Gewerkschaften zurückzudrängen. Sie hat heute im Vergleich zu früher leichtes Spiel. Die historischen Verdienste der Sozialpartnerschaft, der Ausgleich zwischen den Interessengruppen in den Jahren des Wiederaufbaues und auch der Ausgleich der Interessen innerhalb dieser Gruppen, sind längst vergessen und verspielt.
Über die Jahrzehnte haben die Sozialpartner ihre Aufgaben zuweilen aus den Augen verloren und die Entwicklung verschlafen. Die tiefgreifenden Veränderungen in der Arbeits-und Wirtschaftswelt und auch in der Landwirtschaft überforderte sie nachhaltig. Die Position im gesellschaftlichen und politischen Gefüge ist unklar geworden. Richtungsweisende Antworten, die auf Höhe der Zeit liegen, ist man seit langem schuldig.
Die Arbeiterkammer etwa ließ sich von der SPÖ zu einer Propaganda-Organisation machen, der aber schnell die Argumente ausgehen, wenn sie auf ihre millionenschweren Rücklagen angesprochen wurde oder auf die Leistungen, die sie für ihre Mitglieder erbringt. Der ÖGB hat sich von der Krise nach Verzetnitsch noch immer nicht erholt. Die Wirtschaftskammer hat trotz mancher Reform immer noch unter den Fetträndern zu tragen, die sich in den vergangenen Jahren ansammelten. Und die Landwirtschaftskammern leiden darunter, dass die Bauern in den vergangenen Jahren nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch innerhalb der Sozialpartnerschaft dramatisch an Gewicht verloren.
Unzufriedenheit hat sich breitgemacht. Das Kartell aus Kammern und Gewerkschaften habe das Land träge und langsam gemacht, heißt es. Dem Verständnis dafür, dass Vertreter dieser Organisationen immer noch überall mitreden, ist oft Verärgerung und Wut gewichen. Längst gilt es in breiten Kreisen nicht nur als schick, sondern auch als Pflicht, die Sozialpartnerschaft schlecht zu reden. "Besitzstandwahrer" nennen sie besonders Übelmeinende. Nicht wenige würden sie gerne von der öffentlichen Bühne verschwinden sehen.
Die Sozialpartner machten sich in den vergangenen Jahren angreifbar. Entsprechend schwer ist es bei nun herrschendem politischem Gegenwind. Das zeigt sich bei der Neuorganisation der Sozialversicherungen genauso wie bei der Flexibilisierung der täglichen Arbeitszeit, der Neugestaltung des Arbeitsrechts und in vielen anderen Bereichen. Und erst recht beim Ultimatum, das die Regierung Kurz/Strache der Arbeiterkammer stellte, Einsparungsvorschläge zu machen.
Das Mitleid hält sich in Grenzen. Dabei hätte eine funktionierende, moderne Sozialpartnerschaft, die von schlanken Kammern und Gewerkschaften getragen ist und die die Anforderungen ihrer Mitglieder erfüllt, in diesem Land ohne Zweifel nach wie vor ihren Platz und ihre Aufgaben.
Denn gerade den Ausgleich der Interessen, die Basis der Sozialpartnerarbeit, könnte das Land in Zukunft noch dringend brauchen.
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