Freitag, 24. April 2020

Bauern trotzen Corona nach Kräften



Betroffen sind vor allem Betriebe und Betriebszweige, die eng mit Tourismus und Gastronomie verknüpft sind. 

Hans Gmeiner

Linz. „Die Entwicklung ist dramatisch“, sagt Werner Habermann, Geschäftsführer der Arge Rind, der Dachorganisation der österreichischen Rindererzeuger. „Wichtige Absatzmärkte und Verkaufskanäle sind weggebrochen, die Preise für Stiere um 15 Prozent, die Presse für Kalbinnen sogar bis zu 30 Prozent gefallen“. Keinen Zweig in der heimischen Landwirtschaft hat die Corona-Krise so getroffen, wie die Rindererzeuger. Die meisten der andere Betriebszweige, in denen die Bauern ihr Geld verdienen, sind bisher hingegen einigermaßen gut mit der Krise zurechtgekommen, sagt Franz Sinabell, Agrarexperte im Wirtschaftsforschungsinstitut. „Die Landwirtschaft und auch die Agrarpolitik haben gerade in vergangenen Wochen ihre Stärke und ihre Anpassungsfähigkeit gezeigt“. Er rechnet daher aus derzeitiger Sicht damit, dass die Bauern mit einem blauen Auge davon kommen werden. „Die Wertschöpfung der Landwirtschaft wird heuer zurückgehen, aber das Minus wird nicht wie im Tourismus und in anderen Branchen im zweistelligen Prozentbereich, sondern eher im niedrigen einstelligen Bereich liegen“.

Dennoch werden viele Bauern schwer zu kämpfen haben. Neben den Rinderhaltern sieht Sinabell die vor allem Betriebe, die stark vom Tourismus und von der Gastronomie leben, große Probleme zukommen. „Wenn diese Branchen wirklich unter die Räder kommen, werden das auch die Bauern spüren“, sagt der Ökonom. Besonders große Herausforderungen sieht er in diesem Zusammenhang auf Betriebe, die Urlaub am Bauernhof anbieten oder auch die Heurigen-Wirtschaften im Osten Österreichs zukommen.

Unsicherheit unter den Bauern herrscht aber auch in anderen Betriebszweigen. Bei Milch sind dramatische Verwerfungen auf den Märkten bisher ausgeblieben, aber der Druck auf den Bauernmilchpreis wächst. „Preiserwartungen, die man noch zu Beginn des Jahres hatte, müssen wohl zurückgefahren werden“, stimmt Johann Költringer, Sprecher der Molkereien, die Milcherzeuger schon jetzt auf eine wenig erfreuliche Zukunft ein. Der Kampf gegen Überschüsse sei jetzt das Hauptziel. Molkereien, die ihren Kundenschwerpunkt in Fremdenverkehr und Gastronomie haben, wie die Kärntnermilch oder die Vorarlberger Molkerei haben die Bauern bereits zu Lieferbeschränkungen verpflichtet.

Auch bei Schweinen baut sich in diesen Wochen Druck auf. „Seit Ostern ziehen dunkle Wolken auf“, sagt Hans Schlederer von der Schweinebörse. Bis dahin hielten sich die Preisrückgänge in Grenzen, nun steht der nächste Rutsch an. Freute man sich bis Jahresbeginn noch über einen Boom der Exporte nach China und Rekordpreise von zwei Euro je Kilo so ist man nun froh, wenn man noch 1,70 Euro pro Kilo erlösen kann. Schwer haben es vor allem jene Mäster, die noch vor der Corona-Krise damals noch sehr teuren Ferkel zukauften.

Am wenigsten zu spüren bekamen die Corona-Krise bisher die Ackerbauern. Die Märkte für Getreide, Mais und Ölsaaten entwickeln sich bisher normal. Große Einbrüche blieben bisher aus. Selbst Weizen, der noch in der Krise 2009 gemeinsam mit dem Ölpreis abstürzte, zeigte sich bisher stabil. Als in dieser Woche der Ölpreis gegen Null US-Dollar und darunter fiel, kratzte der Preis in der Warenbörse in Paris sogar an der 200-Euro-Marke und damit an einer seit langem nicht mehr erreichten Schwelle.

Die Agrarpolitik ist dennoch in Alarmstimmung. Mit Hochdruck arbeitet man an der Lösung des Erntehelferproblems, das wie ein Damoklesschwert über dem heimischen Obst- und Gemüsebau hängt. Und in Brüssel drängt man auf Maßnahmen, die Druck von den Märkte nehmen sollen. Immerhin machte die EU diese Woche 30 Millionen  für die Einlagerung von Milchpulver, Butter und Käse locker. Das ist freilich sehr bescheiden angesichts des 19 Mrd.-US-Dollar-Hilfspaket für die US-Farmer, das Präsident Trump bereits in der Vorwoche eine angekündigt hat.

In Österreich selbst hilft man sich nach Kräften. „Die Bauern waren beim ersten Hilfspaket dabei und vielleicht gibt es ja noch andere spezifische Pakete“, sagt Sinabell. Aber auch die Bauern selbst organisieren sich Unterstützung. So gelang es etwa der Arge Rind die großen Handelsketten Spar, Rewe und Hofer dafür zu gewinnen, zumindest für vier Wochen die Preise nicht zu senken. Von McDonalds, dem wichtigsten Abnehmer für heimisches Kuhfleisch, sicherte man sich für die nächsten vier Wochen die 50 prozentige Auszahlung des so genannten M-Rind-Zuschlages, obwohl die Burgerkette derzeit nur einen Bruchteil des Geschäfts macht.

Aber nicht allein Corona macht den Bauern derzeit Probleme. Groß ist der Ärger über die unverminderten Billig-Importe von Holz, Kartoffeln und Milchprodukten. Und in vielen Branchen der Landwirtschaft, wie etwa in der Milchwirtschaft, im Ackerbau und in der Fortwirtschaft, wo der Borkenkäfer wütet wie noch nie, fürchtet man die Folgen der anhaltenden Trockenheit noch mehr als Corona. „Schon jetzt reduzieren sich allein deswegen die Aussichten für heuer“, sagt Wirtschaftsforscher Sinabell.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 24. April 2020

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