In Österreich sei die öffentliche Diskussion über die Landwirtschaft „sehr von Romantik getrieben“ meinte kürzlich die Landwirtschaftsministerin. Da ist ihr nur beizupflichten. Das freilich gilt auch für die Diskussion innerhalb der Landwirtschaft, respektive für die agrarpolitische Diskussion. Auch sie scheint, schaut man sich die Forderungen rund um die EU-Agrarreform und das ÖPUL an, durchaus von Romantik getrieben zu sein. Im Eifer helfen zu wollen, im Streben um Stimmen und freilich oft genug auch, um die eigene Existenz zu sichern, übersieht man wie sehr die Dinge in der Landwirtschaft und in der Agrarpolitik längst aus dem Lot geraten sind.
Schaut man genau hin wird schnell klar, dass die
Agrarpolitik über die Jahre ein Konstrukt geworden ist, das mit der Realität
immer weniger zu tun hat. Vor allem kann sie all den Bemühungen zu Trotz vielen
Bauern kaum mehr Perspektiven bieten.
Im Schnitt machen die Förderungen bereits 70 Prozent des
Einkommens aus. Schlimm genug. Noch besorgniserregender ist, dass bei 60
Prozent der Bauern die Förderungen höher sind, als das Einkommen, das ihnen
bleibt, wie die Bundesanstalt für Agrarwirtschaft errechnete. Der Nettoumsatz
dieser Bauern liegt unter 40.000 Euro, das Einkommen, das sie erzielen, beträgt
trotz Ausgleichszahlungen und Förderungen in der Höhe von 13.600 Euro nur
magere 7740 Euro. Im Klartext: Sechs von zehn österreichischen Bauern rackern
das ganze Jahr über um von 13.600 Euro, die ihnen AMA und EU aufs Konto
überweisen, 7750 Euro als Einkommen zu retten.
Freilich kann man sagen, dafür wird ein Beitrag zur
Sicherung der Lebensmittelversorgung und Landschaftserhaltung geleistet und
auch Arbeitsplätze in der vor- und nachgelagerten Wirtschaft gesichert. Man
kann das aber auch Geldvernichtung nennen, Vernichtung von Steuergeldern gar.
Darüber freilich mag niemand reden. Schon gar nicht in der
Landwirtschaft. Auch nicht darüber, dass vor dem Hintergrund der obigen Zahlen
sechs von zehn Bauern nichts anderes sind als Beamte auf dem Traktorsitz, die
völlig am Tropf des Staates hängen und ihm mit Haut und Haar ausgeliefert sind.
Das soll freilich keine Häme sein, sondern aufrütteln. Es
braucht ganz andere Antworten als die, die derzeit die Diskussion bestimmen. So
verständlich die Forderung nach höheren Förderungen für kleine Betriebe ist,
eine tragfähige Lösung für die Zukunft kann das nicht sein, treibt sie die
Bauern nur noch mehr in die Abhängigkeit von öffentlichen Geldern. Nur Zyniker
sagen bei der Müllabfuhr oder bei Lehrern sei das nicht anders.
Bauern verstehen sich anders. Darum braucht es andere
Ansätze, zumal das Gros dieser Betriebe am öffentlichen Tropf auch im
Nebenerwerb bewirtschaftet wird und die Preise sich nicht über Nacht verdoppeln
werden. Neue Ansätze braucht es auch bei der Förderung, die nach Ansicht von
Experten zu sehr auf klassische Produktionsformen abzielt und sich kreativen
Lösungen verweigert.
Es ist hoch an der Zeit sich Fragen wie diesen zu widmen.
Viel zu lange schon wurde das versäumt. Auch weil sich Agrarpolitik in den
vergangenen Jahren allein auf das Aufstellen von Geldmitteln für die Bauern
reduzierte.
Gmeiner meint - Blick ins Land 10.Juni2021
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