Donnerstag, 27. Juni 2024

Es geht um mehr als die „Leberkässemmel für zwischendurch“

In einer Bezirksstadt im Oberösterreichischen, mitten in einer Region, in die die Bauern vorwiegend von der Tierhaltung leben, macht demnächst der Metzger zu. Der letzte Metzger. Den Braten fürs Wochenende, die Würstel für die Kinder, die Leberkässemmel für zwischendurch und Vieles, Vieles andere gibt es demnächst in der kleinen Stadt nur mehr in den Supermärkten der großen Handelsketten. Mit Fleisch, mit Wurst, mit Leberkäse von irgendwo, mit ungleich schmälerem Angebot, herbeigebracht mit Lkw von weit her.

Wenn so ein Fleischhauer sein Geschäft für immer schließt, geht nicht nur ein Partner für die örtliche Landwirtschaft verloren. Da geht ein Nahversorger verloren, auf den man immer zählen konnte. Einer, bei dem man wusste, was man in die Taschen packte. Einer auf den man sich verlassen konnte, einer der bei Vereinsfesten auch noch am Samstag in der Nacht Bratwürstel lieferte, wenn‘s knapp wurde. Einer, der seine Wurzeln in der Region und der auch deren Geschmack geprägt hat. Der von und für die Region lebte, Arbeitsplätze schuf und Produkte, die dort erzeugt wurden zu wertvollen Nahrungsmitteln weiterverarbeitete und damit das schuf, was man regionale Wertschöpfung nennt. Kurzum mit so einem Metzger verschwindet ein Teil einer Kultur, die von regionalen Kreisläufen geprägt war.

Es ist wohl der Zug der Zeit, der der auch diesen Metzger überfahren hat. Die Gründe kann man vermuten - der wirtschaftliche Druck, die Bequemlichkeit der Kunden und ihr geändertes Kaufverhalten, ein Generationsproblem vielleicht. Vom Trend, regionale Produkte zu kaufen konnte er nicht mehr profitieren. Nicht so jedenfalls, dass die Jungen weitermachen wollten und eine Zukunft sahen.

Das Loch ist groß, das der Metzger hinterlässt. Solche Löcher werden immer größer.Handwerker fehlen allerorten. Der Installateur, den man schnell anrufen konnte, Tischler, Baufirmen, Bodenleger, Glaserer, Schneider und viele, viele andere. Und da ist noch gar nicht die Rede von den Arbeitsplätzen, die damit verloren gehen, von den Abgaben für die Gemeinde und von den Aufträgen, die anderen Unternehmen in der Region plötzlich fehlen.

Nicht erst die Pandemie zeigte die Bedeutung regionaler Wirtschaft und regionaler Wirtschaftskreisläufe auf, als augenscheinlich wurde, wie gut es ist, Angebot und Möglichkeiten direkt vor Ort zu haben und nicht irgendwo. Oder gar nur irgendwo im Internet.

Dabei geht es nicht nur um das Angebot. Regionale Wertschöpfung und regionale Wirtschaftskreisläufe und regionale Vielfalt können auch sehr viel dazu beitragen die Auswirkungen von Krisen zu dämpfen. Das bestätigt auch eine Studie von Eco Austria, die im Auftrag des Österreichischen Raiffeisenverbandes durchgeführt wurde. Die Wirtschaft von Regionen, die auf mehreren Standbeinen fußt, sei im Durchschnitt von negativen Entwicklungen weniger stark betroffen als in Regionen, die vorwiegend in einem Wirtschaftszweig stark spezialisiert sind, heißt es da. Regionale Wirtschaftskreisläufe seien weniger anfällig für globale Krisen und könnten schneller auf lokale Bedürfnisse und Herausforderungen reagieren. Im Klartext: Regionales Wirtschaften trägt zur Erhöhung der ökonomischen Widerstandsfähigkeit nicht nur der Region, sondern im ganzen Land bei.

An Bemühungen das auch umzusetzen, fehlt es nicht. Die Politik arbeitet seit Jahren daran. Und auch die Wirtschaft. Raiffeisen kann man dabei mit seiner Genossenschaftsidee und mit seiner Struktur als so etwas wie einen Archetypen sehen. Auch wenn viele Kritiker sich nicht genug darüber erregen können, dass Raiffeisen, wie sie gerne sagen, „überall die Finger drinnen hat“, ist nicht auszudenken, wenn es die Banken, die Lagerhäuser, die Milchverarbeiter und die vielen anderen Unternehmungen nicht gäbe im Land und vor allem auf dem Land. Auch wenn das zuweilen sehr schwierig ist und Anpassungen verlangt, die auch schmerzen können. Man denke nur an die mitunter heftigen Diskussionen, wenn es um die Schließung von Bankfilialen oder um Bankomat-Standorte geht.

Der „ökonomische Fußabdruck“ alleine von Raiffeisen aber spricht für sich und gibt eine Idee davon um wieviel es geht.  93.000 Arbeitsplätze sichert die Gruppe österreichweit, mehr als 13 Milliarden Euro beträgt der gesamtwirtschaftliche Beitrag und 3,7 Milliarden Euro führen die Raiffeisen-Unternehmungen zusammen an Steuern und Abgaben ab.

 Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 27. Juni 2024

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