Das Theater rund um die Renaturierungsverordnung, die Europas Umwelt retten soll, war in den vergangenen Tagen ein Großes. Alle reden von der Umweltministerin, die von ihren Parteigängern mitunter gar zur so etwas wie einer Heiligen stilisiert wurde, während sie bei ihren Gegnern, die sie in der politischen Arena am Nasenring vorführte, zuweilen die niedrigsten Instinkte weckte. Aber niemand redet von der Volkspartei und davon, was sie schlecht gemacht hat und was sie hätte besser machen können. Am wenigsten die Volkspartei und ihre Proponenten selbst.
Die schimpfen lieber wie die Rohrspatzen, zerren die Umweltministerin vor den Kadi, schwänzen wie die sprichwörtlichen Schulbuben Veranstaltungen und stellen sich gar, wie der Kanzler höchstselbst, in Brüssel hin, um eine Ministerin der eigenen Regierung anzuschwärzen und damit das eigene Unvermögen gleichsam vor ganz Europa zu dokumentieren und sich nachgerade zu entblößen.
Souverän ist anders.
Wie man es auch dreht und wendet – Verlierer in dem Match
mit der Umweltministerin und im Match um die Renaturierungsverordnung ist die
ÖVP. Da mögen die Parteigranden noch so viel lamentieren und Klagen einbringen.
Sie haben es zu verantworten und damit zu leben. Sie, und damit ihre Partei, stehen als Bremser und
Verweigerer da – just bei einem Thema, das für viele Menschen, zumal für viele
junge Menschen, als das Zukunftsthema schlechthin gilt.
Rund um die Renaturierungsverordnung zeigte sich wieder
einmal wie schwer sich die ÖVP mit „modernen“ Themen tut. Dabei hätte man
durchaus nachvollziehbare Argumente und kann in vielen Bereichen auf eine
beispielhafte Politik verweisen, die für ganz Europa vorbildlich ist. Der Bogen
reicht von den Umweltprogrammen in der Landwirtschaft bis hin zu
Nachhaltigkeitsinitiativen in den Wäldern, die ihresgleichen suchen.
Das alles freilich findet kaum Gehör, weil die ÖVP seit
jeher in Umweltfragen ein massives Glaubwürdigkeitsproblem hat. Man steht in
der Öffentlichkeit dennoch als die Partei da, die nichts für die Umwelt tun
will und am liebsten jede Maßnahme, jedes neue Konzept blockiert und
hintertreibt und der nichts anderes einfällt als über den Bürokratiewahnsinn zu
lamentieren, wenn es heißt, dass angeblich 80 Prozent der Flächen in einem
schlechten Zustands sind. Gar nicht zu reden davon, dass man zu allem Überfluss
auch noch die Bauern und Forstwirte rebellisch macht, obwohl man noch gar nicht
weiß, was die Verordnung in Österreich wirklich bedeuten wird.
Das alles hat zum einem mit schlampiger und oft auch
schlechter Kommunikation zu tun, die an Überschriften hängenbleibt, die sich zu
oft weigert in die Tiefe zu gehen und die sich oft lieber drüberschwindelt,
statt belastbare Fakten zu liefern. Das hat aber vor allem damit zu tun, dass
der Volkspartei in Sachen Umwelt in der breiten Öffentlichkeit keine Kompetenz
zugestanden wird. Da rächt sich, dass es nie gelang, wenn es diese Versuche
denn überhaupt gegeben hat, auf allen Ebenen Netzwerke vor allem in die
Wissenschaft hinein und zu den NGO aufzubauen - zu jenen Netzwerken, die in
vielen Analysen als einer der wichtigsten Gründe dafür genannt wurden, dass
Umweltministerin ihren Coup tatsächlich landen konnte.
Es ist hoch an der Zeit für die ÖVP in sich zu gehen. Auch
wenn man dazu neigt, sich das Ergebnis der EU-Wahlen schön zu reden und glaubt
mit all den Klagen gegen die Umweltministerin Stimmen zu gewinnen. Für
außenstehende Beobachter wirkt die Volkspartei in dem ganzen Streit wie ein in
Panik geratener Ertrinkender der in seinem Kampf ums Überleben wild um sich
schlägt. Da ist nur Hilflosigkeit.
Längst
steht man wieder dort, wo man auch schon in den Jahren vor Sebastian Kurz
gestanden ist. Die Volkspartei folgt keiner Idee mehr und lässt jede Vision
missen. Es fehlt an Leuten mit Charisma und vor allem auch an Leuten die über
die Parteigrenzen und die nächsten Wahltermine, kurzum, die über Trachtenjanker,
Lederhose und Dirndl hinausschauen und sich mit der Welt auseinandersetzen, die
sich rasant wie noch nie weiterentwickelt und neue Antworten braucht.
Man kann der Volkspartei freilich auch etwas zugutehalten –
sie sorgt bei Themen wie der Renaturierung wenigstens noch für Diskussionen.
Bei Parteien wie der SPÖ oder der FPÖ ist nicht einmal mehr das ein Thema.
Hans Gmeiner direkt, 24. Juni 2024
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