Mittwoch, 7. August 2024

Ernte machte Bauern nicht viel Freude

Die Getreideernte war heuer unter dem Durchschnitt. Das Warten auf das AMA-Gütesiegel für Getreide indes geht weiter.

Hans Gmeiner 

Wien. Niedrigere Erträge als im Vorjahr, schlechtere Preise und eine Gesamternte, die mit rund fünf Millionen Tonnen deutlich unter dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre liegt: Die Bilanz, die die Agrarmarkt Austria (AMA) traditionell nach der Getreideernte zieht, fiel auch schon einmal besser aus. Und auch für die Früchte, die im Herbst zur Ernte anstehen, schraubt man die Erwartungen Woche für Woche zurück. Die Hitze und die Trockenheit im Land setzen vor allem Mais, Soja und den Kartoffeln zu und machen den Bauern mittlerweile große Sorgen. Um die Versorgung braucht man sich dennoch keine Sorgen zu machen, versicherte AMA-Chef Günter Griesmayr Dienstag bei der Präsentation der Ernteergebnisse. „Wir können den Markt weiterhin komfortabel bedienen.“

Für die Bauern war das freilich eine große Herausforderung. Wegen des nassen Herbstes mussten sie auf den Anbau von Frühjahrsfrüchten ausweichen. Während die Anbaufläche für Weizen deutlich zurückging, profitierten davon Feldfrüchte wie Zuckerrüben, Ölkürbis und Kartoffeln. Körnermais, der ebenfalls im Frühjahr gesät wird, konnte davon hingegen nicht profitieren, weil die Industrie ihre Abnahmeverträge aus konjunkturellen Gründen einschränkte.

Eine Herausforderung war das Getreidejahr für die Bauern auch wegen der Preise, die längst wieder auf das Niveau vor der Ukraine-Krise zurückgefallen sind. Die Kosten für Betriebsmittel seien hingegen immer noch hoch, klagte Lorenz Mayr, oberster Bauernvertreter in der AMA. „Dünger kostet immer noch 71 Prozent mehr als vor der Krise“, nannte er ein Beispiel. Bei anderen Betriebsmitteln sei es kaum anders.

Für die Bauern heißt das, dass unter dem Strich heuer deutlich weniger bleibt. Der sogenannte Deckungsbeitrag, also das, was von den Erlösen nach Abzug der Kosten bleibt, hat sich gegenüber dem Vorjahr oft mehr als halbiert. Die Landwirtschaftskammer Oberösterreich rechnet vor, dass der Deckungsbeitrag bei einem Weizenertrag von 7,2 Tonnen pro Hektar heuer mit 320 Euro je Hektar um gut 200 Euro oder knapp 40 Prozent niedriger liegt als im Durchschnitt der Jahre 2017–2021. Unter Berücksichtigung der Inflation komme man gar auf ein Minus von 50 Prozent. Bei Wintergerste rasselte diesen Berechnungen zufolge der Deckungsbeitrag um mehr als 80 Prozent auf gerade einmal 79 Euro herunter.

Schwer unter Druck sind aktuell die Biobauern. Witterungsbedingte Pilzkrankheiten, die bei Getreide kaum bekämpfbar sind, sorgten vielerorts für schlechte Erträge. Dazu kamen Preise, die teilweise unter denen von konventioneller Ware lagen, weil die Lager schon vor der Ernte gut gefüllt waren und die Nachfrage mit dem Angebot nicht Schritt hält. „Man sieht, dass es da nicht nur um Förderungen geht“, sagt Griesmayr. „Man darf nicht ausblenden, dass auch bei Bio das Angebot der Nachfrage folgen soll und dass man nicht einfach nur mehr produziert.“ In nächster Zeit würden Diskussionen geführt, wie es weitergehe.

Diskussionen werden auch immer noch um das AMA-Gütesiegel für Getreide geführt. Obwohl von allen Ackerbauern bereits im Vorjahr dafür fünf Euro pro Hektar einbehalten wurden, ist das Projekt noch nicht in trockenen Tüchern. Nur 6600 Bauern nehmen am Programm teil. Es seien noch nicht alle Richtlinien von der EU genehmigt, sagt Griesmayr. Auch mit den Marktteilnehmern wie Mühlen und Backwarenherstellern liefen noch Gespräche. „Das Getreide liegt jetzt einmal in den Silos und wartet auf die Vermarktung.“

Im Spätherbst, heißt es, sollen erstmals Mehl, Brot und Gebäck mit dem neuen Siegel, das österreichische Herkunft garantiert, auf den Markt kommen. Frühestens dann wird sich zeigen, ob die Bauern mit einem Preisaufschlag rechnen können.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 7. August 2024

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