Donnerstag, 12. September 2024

Unzufrieden im Schlaraffenland

Der Klimabonus ist wirklich europaweit einzigartig", schwärmte die Umweltministerin vorige Woche in einem eigens dafür angefertigten Video auf X. "Diese Woche hat die Auszahlung gestartet. Mehr als 7,8 Millionen Menschen bekommen den Klimabonus direkt, antragslos ganz einfach aufs Konto überwiesen. So zeigt sich - Klimaschutz zahlt sich auch im Geldbeutel aus."

So toll ist das hierzulande. Da kommt das Geld ins Haus, ohne dass man etwas dazu tun muss und man bekommt auch noch Geld fürs Klimaschützen - auch wenn man wetten möchte, dass der Großteil der Empfänger gar nicht weiß, wofür sie den Klimabonus wirklich bekommen.

Ob das Geld -145 bis 290 Euro, je nach dem Wohnort -freilich wirklich geschätzt und als Hilfe empfunden und ob es der Umweltministerin am Wahltag helfen wird, muss sich freilich erst weisen. Die Chancen dafür stehen wohl eher schlecht.

Ähnliches gilt wohl auch für den Landwirtschaftsminister, der dieser Tage bei der Agrarmesse in Wels von 500 zusätzlichen Millionen Euro redete, die in den vergangenen Jahren an Bauernhöfe überwiesen worden seien. Es ist nichts davon überliefert, dass die Bauern irgendwo in Jubel ausgebrochen sind. Ganz im Gegenteil -in machen Produktionsbereichen der Landwirtschaft ist die Stimmung durchaus gereizt, sind die Bauerneinkommen doch wieder eingebrochen.

Dass die Begeisterung trotz aller Millionen überschaubar bleibt, hat wohl damit zu tun, dass es in den vergangenen Jahren Usus geworden ist politische Maßnahmen wie Förderungen nicht einfach zu beschließen und dann auszuzahlen, sondern dass man heutzutage versucht, damit über Monate politisches Kleingeld zu machen. Da eine Pressekonferenz, dort eine Inseratenserie, dann wieder Medienankündigungen und so weiter und so fort. Bis die so lautstark versprochenen Fördergelder wirklich ausgezahlt werden, haben die Empfängerinnen und Empfänger meist längst vergessen, wofür sie eigentlich waren. Und dass sich all die hunderten Millionen für Entlastungsmaßnahmen und Förderungen, für die die Politik bejubelt werden möchte, auf dem eigenen Konto meist als nicht mehr als ein paar hundert Euro, wenn es denn überhaupt so viel sind, erweisen, tut das seine dazu, dass sich die Dankbarkeit der Wählerschaft meist in engen Grenzen hält.

Milliarden wurden in den vergangenen Jahren auf diese Art verteilt. Gleichsam wie mit der Gießkanne. An Bedürftige, an weniger Bedürftige, an viele, denen es gar nicht auffiel, dass sie etwas bekamen. Klimabonus, Gebührenbremse und wie sie alle heißen -manche sind sinnvoller, manche weniger sinnvoll. Manche helfen wirklich, viele kaum.

"Koste es, was es wolle" war die Devise, die der damalige Kanzler ausgab und die alle Dämme endgültig brechen ließ. Seither kämpft das Land mit einem ungeheuer hohen Schuldenberg, der dunkle Schatten über die Zukunft legt. Zufriedener ist wohl kaum jemand geworden. Das Geld freilich nimmt jeder gerne. Das Kalkül ging selten auf. Statt der wohl oft erwarteten Dankbarkeit wurde eher das Anspruchsdenken des p.t. Wählerpublikums weiter angefacht.

Da nimmt nicht wunder, dass wir uns angewöhnt haben zu fordern. Wir sind immer schneller geworden dabei, nach Hilfe von der öffentlichen Hand zu rufen. Es gibt das schlimme Wort von der "Vollkaskogesellschaft", in der es keine Eigeninitiative mehr braucht und schon gar keine Eigenverantwortung. In der man im Fall des Falles auf jeden Fall vom Staat verlangt einzuspringen -auch wenn man von ebendiesem sonst nichts hält.

Mitunter beißt sich die Katze dabei selbst in den Schwanz. Einigermaßen unbestritten ist, dass die schier unbegrenzten Förderungen der vergangenen Jahre direkt und indirekt für die hohe Inflation verantwortlich sind. Und einigermaßen unbestritten ist, dass viele der Förderungen die Existenz von nicht wenigen Unternehmen künstlich hinauszögerten und wir heute deswegen in einer Insolvenzwelle und Problemen auf dem Arbeitsmarkt stecken.

Darüber, ob all die Millionen und Milliarden geholfen haben, die gerade in den vergangenen Jahren so reichlich geflossen sind, ist man sich heute unschlüssiger denn je. Und es fragt sich, ob wir uns damit nicht in eine Situation hineinmanövriert haben, um nicht zu sagen hineingefördert haben, die kaum mehr beherrschbar ist.

Und das freilich kann für den Geldbeutel ganz andere Folgen haben als die, mit denen die Umweltministerin den Klimabonus anpries.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 12. September 2024

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